2022
Von der Beobachtung der Gestirne zur Mercedes-Benz User Experience
Geschrieben 23. Dezember 2022 von
Orientierung über die Sterne
Die Entwicklung der Standortsbestimmung (detailliert beschrieben auf Planet Wissen) ist eng verbunden mit der Schifffahrt und begann bereits vor circa 4.000 Jahren bei den Alten Ägyptern. Auf hoher See war man auf eine möglichst genaue Ortung angewiesen, um nicht zu sehr vom Kurs abzukommen, denn in früheren Zeiten gab es noch keine modernen technischen Überlebensausrüstungen (wie beschrieben in dieser Infografik). Nachdem die Beschaffenheit bestimmter Seewege zunächst mündlich weitergegeben wurde, kamen wenig später die ersten Seewegsbeschreibungen auf. Diese enthielten Hinweise zu Entfernungen, Untiefen oder gefährlichen Strömungen. Im Mittelalter nahm die Entwicklung Fahrt auf mit dem Einsatz von Kompassen, die von Chinesen schon in der Antike erfunden wurden. Damals allerdings noch nicht zu Navigationszwecken.
Im 17. Jahrhundert kamen die Konzepte der ersten Sextanten auf – Ein Gerät, das zur Höhenwinkelmessung, unter Verwendung des Horizonts und eines Gestirns wie die Sonne oder den Mond, eingesetzt wird. Zusammen mit der Zeitangabe konnten Schiffspositionen schon damals relativ genau bestimmt werden, erst recht, als wenig später der hochpräzise Chronometer von John Harrison seinen Durchbruch in der Schiffsnavigation feierte. Sextanten wurden sogar noch in älteren Modellen der Düsenstrahlflugzeuge (etwa der früheren Version der Boeing 747) für Langstreckenflüge eingesetzt, für den Fall, dass sämtliche elektronischen Systeme ausfallen.
Funktionsprinzip GPS
Mit der Etablierung des Global Positioning Systems wurden die Sextanten ersetzt. Wenn man so will, ersetzen die Satelliten die Sterne zur Navigation und Standortbestimmung. Mit dem Unterschied, dass von den Satelliten aktiv Informationen an den Empfänger übermittelt werden, während die Sterne passive Strahler sind. Praktisch jedes moderne Vehikel auf der Erde, sei es zu Lande, zu Luft oder im Wasser, benutzt das GPS zur Orts- aber auch Geschwindigkeitsbestimmung. Das GPS-System besteht aus 24 nicht stationären Satelliten (zeitweise bis auf 31 Satelliten erhöht, um Ausfälle zu vermeiden), die in einer Höhe von rund 20.200 km um die Erde kreisen. Jeder von ihnen umrundet den Planeten dabei zweimal. Die Satelliten wurden so aufgeteilt (6 Umlaufbahnen mit je 4 Satelliten), dass von jedem Punkt aus auf der Erde immer mindestens 4 Satelliten zur Berechnung des eigenen Standortes zur Verfügung stehen.
Von den Satelliten werden Radiowellen zu einer bestimmten Uhrzeit an das Empfangsgerät gesendet. Die Uhrzeit wird von einer Atomuhr ermittelt. Bei der Laufzeitermittlung wird eine Abweichung von maximal einer Mikrosekunde garantiert. Die hohe Genauigkeit ist erforderlich, um eine Streckenlänge zwischen Satellit und Empfänger messen zu können, da die Radiosignale in Lichtgeschwindigkeit versendet werden. Gesendet wird auf den L-Band Frequenzen 1575,42 MHz (L1), 1227,60 MHz (L2) und 1176,45 MHz (L5). Mit der Streckenlänge und der Position der Trabanten im Orbit kann der Standort mittels Triangulierung bestimmt werden. Die Position der Satelliten wird von Boden- beziehungsweise Radarstationen überwacht. Die Berechnung des Standortes am Boden (oder in der Luft) übernimmt der GPS-Empfänger.
GPS-Integration in MBUX
In modernen Automobilen sind standardmäßig schon GPS-Empfänger eingebaut. Mercedes baut schon seit 2018 das sogenannte MBUX System in seine Modelle ein. MBUX steht für Mercedes-Benz User Experience. Dank Künstlicher Intelligenz ist das System lernfähig und kann sich auf das Verhalten des jeweiligen Fahrers einstellen. Beispielsweise kann der MBUX Interior-Assistant mittels einer Kamera in der Dachbedieneinheit Hand- und Armbewegungen des Fahrers erkennen und vorab entsprechende Einstellungen im Display anzeigen. Die Navigation erfolgt über flexible Eingaben durch Touchbedienung oder Spracheingabe. Eine 3D-Anzeige ist ebenso vorhanden. Unterstützt wird die Navigation durch Augmented Reality.
Dabei werden mithilfe einer Frontkamera die Umgebung erfasst und virtuell hilfreiche Informationen auf dem Media-Display eingeblendet, wie zum Beispiel Hinweispfeile oder Hausnummern. Weiterentwicklungen, wie im Mercedes EQS, berechnen via dem Electric Intelligence System die Anzahl und Orte der Tankstellenaufenthalte, basierend auf geschätzten Tankkosten und dem Fahrstil. Mit Daten aus vergangenen Fahrten berechnet das System zukünftige Routen. Einkalkuliert werden dabei Variablen wie Topografie, Umgebungstemperatur, Geschwindigkeit, die Route selbst sowie Heiz- und Kühlungsanforderungen. Des Weiteren kann es dynamisch auf Staus und Fahrstiländerungen während der Reise reagieren.
Fazit
Korrektes Navigieren ist aus Sicherheitsgründen das A und O des Transportwesens. Das gilt sowohl für den Transport von Mensch und Tier, als auch von Waren. Die Methodik (und damit die Genauigkeit) hat sich seit der Antike allerdings drastisch verbessert. Aristoteles wäre wahrscheinlich vom Stuhl gefallen, hätte ihm damals jemand gesagt, dass eines Tages Trabanten deren Position im Weltall übertragen können zur Berechnung der Koordinaten auf der Erde. Moderne Systeme bieten zudem Komplementärabsicherungen an, wie in einem modernen Mercedes oder einem Flugzeug. Luftfahrzeuge der neueren Bauart greifen dann auf das lasergestützte Inertial Reference System (IRS, Trägheitsbezugssystem) zurück. Wenn keine Komplikationen vorliegen, sollten beide Systeme, GPS und IRS, im Idealfall dieselbe Position anzeigen.
(Photo by Christian Wiediger on Unsplash)
Geschrieben von Oliver Hartwich
Erschienen am Freitag, den 23. Dezember 2022 um 21:19 Uhr | 2.062 Besuche
Abgelegt unter MBUX
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