2010
Die Nachkriegsepoche von 1945 bis 1967
Seit dem [intlink id=“1812″ type=“post“]Auslaufen des L 1100 im Jahr 1941[/intlink] liegt das leichte Segment der Transporter brach. An die Entwicklung neuer Fahrzeugbaureihen ist nach Kriegsende nicht zu denken – es mangelte an Facharbeitern wie auch an Rohstoffen.
1946 beginnt Mercedes-Benz nach Vorbild des bereits von 1936 bis 1942 gebauten Typs 170 V (W136) wieder mit der Produktion, allerdings vorerst keine Personenkraftwagen sondern Lieferwagen und kleine Nutzfahrzeuge auf Basis dieser [intlink id=“823″ type=“page“]Baureihe[/intlink], an denen in der Zeit des Wiederaufbaus dringender Bedarf bestand.
Im Mai 1946 wurde in Untertürkheim der erste Pritschenwagen, einen Monat später der erste Kastenlieferwagen fertiggestellt; im Herbst ergänzten ein Krankenwagen, der auf dem Kastenwagen basierte, und ein Polizeistreifenwagen, dem der Pritschenwagen zugrundelag, die Modellpalette. Die Aufbauten dieser ersten Modellvarianten waren, den schwierigen Produktionsbedingungen entsprechend, noch recht primitiv. Bis Februar 1949 wurden 1.650 Kasten-, Kranken-, Pritschen- und Polizeistreifenwagen hergestellt.
In den Jahren von 1951 bis 1953 wurden 515 Mercedes-Benz 170 D Kastenwagen gebaut. Der Vierzylinder-Dieselmotor mit einem Hubraum von 1.767 ccm leistete 40 PS bei 3.200/min und verbrauchte 8 Liter Diesel auf 100 km.
Erst knapp zehn Jahre, nachdem das erste Nachkriegsfahrzeug produziert wurde, erscheint wieder ein „richtiger“ Transporter mit einem Stern auf dem Kühlergrill. Als ersten waschechten Transporter stellt Daimler-Benz im Herbst 1955 auf der Frankfurter Automobil-Ausstellung den neuen L 319 vor, dem man sofort ansah, dass es sich hier nicht um einen Pkw- oder einen Lkw-Abkömmling handelte. Der L 319 scheint sich des großen Marktes anzunehmen, der in der Nachkriegszeit entstanden ist. Er war konsequent für die Bedürfnisse des Verteilerverkehrs konzipiert und sollte seinen damaligen Konkurrenten, wie Hanomag und Borgward, schwer zu schaffen machen. Der L 319 war als Großtransporter in der 3,5 bis 7,5-Tonnen-Klasse positioniert.
Ein halbes Jahr zuvor jedoch entwickelt Mercedes-Benz einen Spezialtranspoter, der in jeder Hinsicht einzigartig ist, den so genannten [intlink id=“741″ type=“post“]Rennwagen-Schnelltransporter[/intlink]. Aufgrund des enormen Erfolges der Silberpfeile im Motorsport – sowohl bei den Sportwagen als auch in der Formel-1 – entwickelt Daimler-Benz für seine „Rennabteilung“ einen speziellen Autotransporter, mit dem die Silberpfeile von damals möglichst rasch zwischen Werk und Rennstrecke hin und her transportiert werden können. Für ihn ist das Beste gerade gut genug: Als Fahrgestell dient ein modifiziertes Chassis des Typs 300 S, die treibende Kraft liefert ein 41 kW starker Benzinmotor des Typ M198, den Mercedes sonst im 300 SL verbaut. Windschnittige Rundungen verleihen dem 165 km/h schnellen Gefährt, das 25 Liter Super auf 100 Kilometer aus dem Tank verbrennt, ein imposantes Aussehen. Doch leider kommt das „blaue Wunder“ – so wird er noch heute genannt – nur ein knappes Jahr zum Einsatz, ehe im Oktober 1955 durch einenVorstandsbeschluss alle Rennaktivitäten eingestellt werden. Nach dem Rückzug von Mercedes-Benz Ende 1955 aus dem Rennsport dient der Renntransporter zunächst als Ausstellungsfahrzeug in den USA, dann verrichtet er zehn Jahre lang Arbeit im Fahrversuch von Mercedes-Benz. 1967 endet der Rennwagen-Schnelltransporter schließlich in der Schrottpresse. Jahrzehnte später baut Mercedes-Benz den spektakulären Renntransporter nach alten Fotos originalgetreu wieder auf.
Doch zurück zum L 319. Vor allem seine robuste und einfache Verarbeitung machen ihn zum großen Erfolg: sein simples Fahrwerk mit Starrachsen und Blattfedern, dazu wahlweise ein 1,8-Liter-Diesel mit 32 kW (43 PS) oder ein 1,9-Liter Benziner, der 48 kW ins Feld führen kann. Grundsätzlich gibt es dazu ein Vierganggetriebe, das die treibende Kraft an die Hinterräder schickt. Die Starrachse vorn wie hinten ist mit sogenannten Halbfedern versehen, gebremst wird hydraulisch. Servounterstützung gibt es nur gegen Aufpreis. Bereits im September 1956 wurde im Werk Sindelfingen die Produktion des L 319 in mehreren Ausführungen aufgenommen. Der Kastenwagen bietet 1.950 Kilogramm Nutzlast, bei Pritschenwagen (in zwei Radständen) und Tieflader-Pritschenwagen sind es 1.800 und 1.750 Kilogramm. Beim Kastenwagen erfüllt der Aufbau mittragende Funktion.
Das Fahrzeug war, damals neu für ein Fahrzeug dieser Klasse, als Frontlenker mit abgerundetem Fahrerhaus konzipiert; geschlossene Aufbauten wie Kasten und Bus waren mittragend, die Pritschen und Fahrgestelle mit Fahrerhäusern auf einem Leiterrahmen ausgeführt. Der Motor war vorn zwischen den Sitzen angeordnet; der Antrieb erfolgte auf die Hinterachse.
Parallel biete Daimler-Benz auch eine Omnibusvariante, die auf der gleichen Basis steht: Als O 319 kommt ein Omnibus, der in drei Ausführungen vorgesehen ist: Benziner, Diesel und Luxusbus – der Radstand beträgt jeweils wie beim Kastenwagen 2.850 Millimeter. Anders als die Lkw-Variante, die in Sindelfingen gefertigt wurde, kamen die Busse aus Mannheim. Ab Herbst 1961 löst ein 37 kW starker Diesel mit zwei Liter Hubraum den schwächeren Premierenmotor ab, wenig später befindet sich die Produktion der Transporter und Busse unter einem Dach – im ehemaligen Auto-Union-Werk in Düsseldorf. Die getrennten Produktionslinien in Sindelfingen und Mannheim enden 1962.
1963 tauft Daimler-Benz seinen Transporter um, das erfolgte im Rahmen einer allgemeinen Neuordnung der Modellbezeichnungen im Daimler-Benz-LKW-Programm: Aus dem L 319 Diesel wird der L 405, während der L 319 mit Benziner nun die Bezeichnung L 407 trägt. Der Omnibus LO 319 bleibt bei dieser Bezeichnung. Im Zuge der Umbenennung erhöht sich die Zahl der Varianten; stärkere Federn und bessere Bremsen machen zum Beispiel eine Nutzlast von zwei Tonnen möglich und es gibt nun eine Doppelkabine. Schon im September 1965 kann Daimler-Benz die Produktion des 100.000sten Exemplars dieser neuen Gattung feiern, die sich insgesamt 123.234 Mal verkauft. Fast 19.000 Teilesätze verschickt das Werk außerdem zur Montage nach Spanien, bis im Januar 1967 der Nachfolger an den Start geht geht.
[intlink id=“1977″ type=“post“]-> Teil 3: Die Kurzhauber-Generation von 1967 bis in die neunziger Jahre[/intlink]
(Fotos: Daimler AG)
Geschrieben von Oliver Hartwich
Erschienen am Donnerstag, den 22. April 2010 um 10:52 Uhr | 22.483 Besuche
Abgelegt unter Transporter
Kommentar schreiben oder Diskussion führen
Diesen Beitrag als PDF speichern
RSS-Feed ·
RSS 2.0 Kommentar-Feed ·
Permalink