2011
Der allradgetriebene Mercedes-Benz Zetros ist überall dort, wo höchste Geländegängigkeit und hohe Nutzlasten gefragt sind, in seinem Element. Das Haubenfahrzeug für schweres Gelände taugt aber nicht nur für den Einsatz als geländegängiges Nutzfahrzeug, sondern auch als Basis für Fernreise- und Expeditionsmobile. Das stellen zwei Mercedes-Benz Zetros 6×6 mit speziellem Auf- und Ausbau unter Beweis, die nach Ulan-Bator, der Landeshauptstadt der Mongolei, jüngst ausgeliefert wurden.
Der Mongole ist freiheitsliebend und schätzt Ausflüge in die abwechslungsreiche Natur seines hochgelegenen Heimatlandes. Kam hier früher praktisch nur das Pferd als Transportmittel in Frage, so entschieden sich zwei befreundete Unternehmer aus Ulan Bator – der eine verfügt unter anderem über eine Brauerei, die Bier nach deutschem Rezept braut, der andere wurde durch Beteiligungen an Kohle- und Kupferminen wohlhabend – für den Mercedes-Benz Zetros als zeitgemäßes wie luxuriöses Transportmittel. Die Freunde machen sich mit ihren einzigartigen Jumbo-Offroadern beispielsweise zu mehrtägigen Ausflügen ins Altai-Gebirge auf, wo sie mit einem Adler Wölfe jagen.
Als Dreiachser bietet der Mercedes-Benz Zetros bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 25 Tonnen – im Export bis 27 Tonnen – eine Nutzlast (ohne Aufbau – „Fahrgestelltragfähigkeit“) von rund 16 Tonnen. Antriebstrang und Chassis des Zetros basieren auf den Baureihen Actros und Axor.
Entwickelt wurde er im Werk in Wörth, dort wird er auch gebaut. Unter der Haube des Zetros sitzt in allen Varianten der 7,2 Liter große Reihensechszylinder OM 926 LA mit einer Leistung von 240 kW (326 PS). Er liefert ein beeindruckendes maximales Drehmoment von 1300 Nm von 1200 bis 1600/min.
Zwei Getriebevarianten stehen zur Wahl. Standard ist das hydraulisch-pneumatisch geschaltete Neunganggetriebe G 131-9 (Acht Vorwärtsgänge + Crawler) mit direkt übersetztem höchsten Gang, optional ist ein sechsstufiges Automatikgetriebe Allison 3000 SP/PR (Vollautomat) zu bekommen. Das Verteilergetriebe VG 1700 für den permanenten Allradantrieb ist seit Jahrzehnten bewährt. Die Geländeübersetzung ist mit 1,690 gut 20 Prozent kürzer ausgeführt als bei den Allradfahrzeugen der Baureihen Actros und Axor (Geländeübersetzung dort 1,403). So sind besonders niedrige Geschwindigkeiten möglich, wichtig etwa bei steilsten Bergabpassagen. Die Zugkraft gegenüber den Straßengängen wird generell um rund 70 Prozent erhöht. Die Drehmomentverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse(n) beträgt im Ausgleichs-getriebe 1:3,21 – bei zugeschalteter Differenzialsperre 1:1.
Serienmäßig wird der Mercedes-Benz Zetros mit drei mechanischen Differenzialsperren ausgeliefert, die der Fahrer über einen praktischen Drehschalter einlegen kann. Der Schalter gibt die sinnvolle Reihenfolge vor, in der die Sperren bei zunehmend schwierigem Gelände einzulegen sind: erst längs, dann hinten quer und schließlich vorne quer. Bei den guten Anlagen des Allrad-Haubers ist es kein Wunder, dass die Zetros-Baureihe bei Energieversorgern, in der Exploration sowie bei der Feuerwehren und Rettungsdiensten auf großes Interesse stößt. Denn der Hauber kombiniert höchste Geländegängigkeit mit außergewöhnlich gutem Offroad-Fahrkomfort. Diese Vorzüge überzeugen auch private Kunden, die auf der Suche nach einem Basisfahrzeug für Fernreisen abseits befestigter Straßen sind.
So wurden zwei Mercedes-Benz Zetros von Hartmann Spezialkarosserien in Alsfeld (Aufbau) und der Firma Huenerkopf in Neukirchen (Ausbau) individuell nach Kundenwunsch zu Jagd- und Expeditionsmobilen umgebaut.
Als Basisfahrzeug dient dabei je ein Mercedes-Benz Zetros 2733 A mit 6×6-Antrieb (Radstand 5.350 mm) und Standard-Fahrerhaus. Dieses bietet unter anderem eine aufgepolsterte Liege für den Fahrer, eigene Klimaanlage, 24 V Audio-System mit CD-Spieler, CD-Wechsler, Bluetooth-Freisprecheinrichtung sowie einen 7” Touch-Screen mit angeschlossener Rückfahrkamera. Auf dem Fahrerhausdach ist ein Lastträger für Belastung mit bis zu 100 kg Gewicht installiert. Am Dachträger wurden vier Zusatzscheinwerfer und ein Doppel-Drucklufthorn montiert, im Kühlergrill verbergen sich vier Flashlights in rot und blau. Am Heck findet sich ein Träger für zwei Reserveräder mit eigenem Lift-System, über das auch aufs Kabinendach Ladung geschafft werden kann. Über die Rückfahrkamera werden zusätzliche Suchscheinwerfer am Heck aktiviert, für sicheres Rangieren in der Nacht. Für ausreichende Reichweite abseits der Zivilisation sind Dieseltanks mit 300 und 200 Litern Inhalt verbaut.
Neben widrigen Straßenverhältnissen mussten beim Auf- und Ausbau ganz besonders die speziellen Witterungsverhältnisse in der Wüste, wo die Fahrzeuge zum Einsatz kommen sollen, berücksichtigt werden. Extreme Temperaturschwankungen verlangen nach besonders guter Isolierung. Alle Innenausbauten wurden so geplant und ausgeführt, dass sie auch starken, im Offroad-Betrieb auftretenden Erschütterungen gewachsen sind. Der Möbelbau ist speziell auf die Nutzung in tropischen und Wüstengebieten ausgerichtet.
Beide Fahrzeuge sind weitgehend identisch aufgebaut, eines der beiden Exemplare verfügt über eine zusätzliche Heckgarage zur Mitnahme eines Quads. Die Luxus-Fernreisemobile sind imposante 10,70 m lang (plus 60 cm beim Modell mit Heckgarage), 2,70 m breit und 4,20 m hoch.
Als Wohnkabine dient ein voll isolierter Sandwich-Aufbau. Dessen Wände, Dach und Boden bestehen aus einteiligen, mit PU-Hartschaum isolierten und miteinander verklebten Sandwich-Paneelen. Verstärkt wird der Aufbau durch zusätzliche Kantenprofile. Die Wandstärke liegt bei Boden und Decke bei rund 100 mm, die Seitenwände sind rund 50 mm stark. Der komplette Wohnaufbau ist in Farbe des Fahrerhauses lackiert. Der 800 mm breite Eingang zum Wohnbereich (710 x 255 x 200 cm) liegt auf der rechten Fahrzeugseite. Eine integrierte Treppe und Haltegriffe erleichtern den Einstieg, das robuste Sicherheitsschloss mit Dreifach-Verschluss lässt sich von innen und außen bedienen. Die Fenster der Wohnkabine sind doppeltverglast, lassen sich allesamt öffnen und sind mit Moskitonetzen und Verdunkelungsrollos ausgestattet.
Der Innenraum ist klar in verschiedene Funktionsbereiche gegliedert. Das Schlafzimmer befindet sich im Heck, die bequeme Leder-Sitzgruppe für vier bis sechs Personen in der Front. Obendrein gibt es ein luxuriöses Badezimmer mit Marmorboden und Fußbodenheizung sowie eine große Küche. Neben dem Schlafzimmer im Heck steht weiterer Übernachtungsplatz im eigentlichen Wohnbereich zur Verfügung. Der Tisch in der Sitzgruppe lässt sich elektrisch anheben und absenken, bei abgesenktem Tisch entsteht dort ein zusätzliches großes Bett.
Die Küche ist komplett ausgestattet, mit Keramik-Kochfeld, Mikrowelle mit Grill, Kühl- und Gefrierschrank, Bar und Kaffeemaschine. Die Spüle wird mit Warm- und Kaltwasser versorgt, an Bord ist außerdem ein maßgenau eingepasstes Geschirr-Set für acht Personen. Für die Outdoor-Nutzung verfügen die Fahrzeuge über mobile Zweiflamm-Gaskocher mit zwei 11 kg Gasflaschen. Im Sanitärraum gibt es eine abgetrennte Duschkabine, eine WC-Bidet-Kombination, Waschbecken und einen dreiflügeligen Spiegelschrank.
Der Schlafraum ist durch eine Trennwand mit integrierten Flat-Screen TV-Geräten (40” und 46”, je eines in Richtung Schlafzimmer und Sitzgruppe) vom Wohnbereich separiert. Dem geplanten Einsatz als Jagdfahrzeug entsprechend sind ein Safe für Wertsachen (400 x 400 x 300 mm) sowie ein Waffenschrank für Jagdgewehre in den Mobilen fest integriert. Auch für Unterhaltung ist bestens gesorgt. Mit auf die Reise gehen ein SAT-Receiver sowie eine elektrische und sich selbst ausrichtende SAT-Antenne, DVD-CD-Player, MP3-Player, ein Hi-Fi-Sound-System von Bose sowie ein Mac Mini plus W-LAN Router.
Umfassend präsentiert sich auch die Bord-Technik. Sie wird von einem zentralen Schaltschrank mit separat abgesicherten Schaltkreisen aus gesteuert und überwacht. Ein wassergekühlter Diesel-Generator sorgt für Unabhängigkeit vom Stromnetz, ein Batterie-Set mit vier Akkus mit je 220 Ah puffert die Energie. Geladen werden die Akkus von einem automatischen und mit dem Generator verbundenen Ladegerät oder über die Solaranlage auf dem Dach, die aus zwei Modulen mit je 80 Watt besteht. Alle elektrischen Geräte sind ans bordeigene 230 Volt-System angeschlossen und werden über einen automatischen 24/230 Volt-Wandler versorgt.
Vom Generator betrieben wird die stufenlose Klimaanlage für den gesamten Aufbau, die für alle Räume getrennt regelbar ist. Zusätzlich arbeiten in Bad und Küche elektrische Ventilatoren. Für angenehme Wärme im Wohnbereich sorgt eine mit Diesel betriebene Kraftstoff-Heizung, die während der Fahrt und im Stand betrieben werden kann.
Für Trink- und Brauchwasser (Dusche, Toilette) gibt es getrennte Wassersysteme mit einem Gesamtvolumen von rund 250 Litern (Volumen des Abwassertanks: Rund 100 Liter), das Trinkwasser durchläuft einen Wasserfilter. Eine separate Pumpe dient zur Füllung des Frischwassertanks von außen, ein 230 V Warmwasser-Boiler mit 20 Liter Inhalt sorgt für Warmwasser in der Küche und im Bad. Wenn es das Wetter zulässt, kann auch die Außendusche genutzt werden.
Der Mercedes-Benz Zetros stellt – speziell als 6×6 Variante mit sechs angetriebenen Rädern – ein einzigartiges Fahrzeugkonzept dar, das durch höchste Mobilität und hervorragende Traktion besticht.
Fotos: Daimler AG
Geschrieben von Maik Jürß
Erschienen am Freitag, den 01. April 2011 um 17:08 Uhr | 10.560 Besuche
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