2009
Noch dreht sich das Fahrerkarussell für die kommende Formel-1 Saison 2010 – auch wenn fast immer mehr Plätze vergeben sind. Aber gerade der neue Arbeitgeber des frischgebackenen Weltmeisters Jenson Button ist – offiziell – noch nicht gefunden. Button verlangt nach seinem WM-Gewinn für die kommende Saison auch ein weltmeisterliches Gehalt und dieses kann ihn Brawn ohne ein investitionsfreudigen Hauptsponsor nicht zahlen. Seit heute wird Jenson Button mit einem Wechsel zu McLaren-Mercedes in Verbindung gebracht, vor allem Button-Manager Richard Goddard gießt da ordentlich Öl – oder besser Benzin – ins Feuer, auch, wenn Mercedes-Sportchef Norbert Haug deutliche dementiert. Mercedes-Power für Button, dass steht wohl fest, aber die Frage ist, in welchem Wagen der Motor steckt – McLaren oder Brawn.
Auch Ex-McLaren-Pilot Kimi Räikkönen, bei Ferrari durch den Alonso-Wechsel auf einmal abgeschoben – hat noch kein Cockpit. Und auch er möchte natürlich ein sieg- und weltmeisterfähiges Cockpit besetzen. Auch wenn es für Mclaren-Mercedes dieses Jahr alles andere als optimal lief, haben gerad die letzten Rennen gezeigt, dass das Team nach wie vor zu den Top-Teams gehört und nächstes Jahr bei der WM-Vergabe (wieder) mitmischen wird. Räikkönens Problem bei McLaren war die Person Ron Dennis und der ist ja bekanntlich von der offiziellen Bildfläche verschwunden. Stünde also ein Wechsel zu den Silbernen nichts mehr im Wege. Und ein teaminternes Duell zwischen Räikkönen (Weltmeister 2007) und Hamiton (Weltmeiter 2008) hätte schon eine gewisse Würze.
Somit wäre der Platz bei McLaren besetzt, also könnte (oder müsste) Jenson Button bei Brawn bleiben. Auch er erwartet ein Top-Team und alle sonstigen Teams, die um die WM-Krone fahren werden, sind besetzt. Doch die interessanteste Frage, die momentan durch das Fahrerlager kursiert, ist die Frage, wie sich Mercedes-Benz in den kommenden Jahren in der Formel-1 positioniert. Die Zweckehe mit McLaren läuft alles andere als harmonisch. Der in Stuttgart ungeliebte Ex-Teamchef, der bei McLaren im Hintergrund immer noch die Fäden zieht, arbeitet gerade Ross Brawn in die Hände – denn Dennis hat Mercedes längst verprellt. Wie SPORT BILD berichtete, kam die Vorstellung seines eigenen Sportwagens McLaren MP/4-12C mit selbst konstruiertem Motor drei Tage vor der Präsentation des Mercedes SLS auf der IAA einer Kriegserklärung gleich. Den ersten Schuss feuerte Dennis nach SPORT-BILD-Informationen jetzt ab, indem er hinter dem Rücken von Mercedes sich bei dessen Hauptkonkurrenten BMW anbot, deren für 2010 ausrangierte Motoren für „sein“ Formel-1-Team zu kaufen.
Mercedes will deshalb so schnell wie möglich Konsequenzen ziehen und seine 40 Prozent-Anteile am McLaren-Rennstall loswerden. 2011 endet der „Ehevertrag“ zwischen Mercedes und McLaren, Mercedes wäre dann nicht mehr verpflichtet, McLaren kostenlos Motoren zu liefern und die Hälfte der Fahrergehälter zu bezahlen. Insider reden von 16 Mio Euro, die Stuttgart jedes Jahr an Woking überweist. Das bedeutet auch, dass alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam getroffen werden müssen. Aber Mercedes‘ Wunsch, einen deutschen Fahrer im Silberpfeil zu haben, wird dabei bei McLaren komplett ignoriert. Bei Brawn hätte man da wesentlich mehr Mitsprache-Recht: Ross Brawn steht bei Norbert Haug hoch in der Gunst. Als heißester Kandidat für das zweite Brawn-Cockpit – Rubens Barrichello hat sich nach der abgelaufenen Saison in den Ruhestand verabschiedet – wird Nico Rosberg gehandelt. Er wäre der absolute Wunschkandidat für Haug.
Dementsprechend angenehm muss es für Ross Brawn sein, wenn er laut Sport Bild sagen kann: „Ich weiß, dass wir 2010 eine großartige Unterstützung genießen werden.“ Damit bezog er sich darauf, dass das Team auch im kommenden Jahr mit Mercedes zusammenarbeiten wird und diese Zusammenarbeit sogar noch intensiviert wird. Wie es konkret weitergeht, darüber will aber niemand mit Gewissheit sprechen. Inoffiziell kann es nach Mercedes Wünschen gar nicht schnell genug gehen. Gerüchten zu Folge soll bereits im kommenden Jahr der Stern auf einem silberlackierten Brawn-Chassis glänzen, auch wenn ein Werksteam-Wechsel erst 2011 möglich wäre. Nach aktuellem Gerüchtestand soll Mercedes planen, ab 2011 Brawn zum Werksteam – und somit zum neuen Silberpfeil – zu machen. Sollte wirklich vorher eine Trennung von McLaren möglich sein, wäre das aber auch früher möglich. Für wesentlich weniger Geld hätte Mercedes mehr Präsenz und Reputation – und vielleicht sogar (s)einen deutschen Fahrer.
Darüber hinaus müsste Mercedes nicht mehr mit einem Veto rechnen, sollte man ein Team mit Aggregaten beliefern, das McLaren nicht passt. Den Kundendeals mit Force India und Brawn hat McLaren noch zugestimmt, mit Red Bull einen weiteren potentiellen WM-Rivalen stark zu machen, findet aber offenbar keinen großen Anklang. Denn Ron Dennis persönlich hat wohl sein Veto gegen diese Motorenlieferung eingelegt, wohl auch als Reaktion auf die Harmonie zwischen Mercedes und Ross Brawn. Sportchef Norbert Haug will aber nichts von irgendwelchen Problemen mit McLaren wissen. „Unabhängig der Gerüchte, die da im Fahrerlager kursieren, ist die Zusammenarbeit beider Partner besser denn je“, meinte er.
Das der Mercedes-Motor momentan das Mass aller Dinge ist, das ist keine Frage. Neben der hohen Zuverlässigkeit und hohen Leistung (10 der 16 gefahrenen Rennen 2009 gewann ein Fahrer mit Mercedes-Triebwerk im Heck) wird ihm ein niedriger Verbrauch zugesagt – ein wichtiger Aspekt für die kommende Saison, in der das Nachtanken im Rennen verboten ist. Und dabei hat die FIA inzwischen die Freigabe erteilt, dass 2010 bis zu vier Teams mit Motoren beliefert werden dürften. Sollte der Mercedes-Deal mit Red Bull aber endgültig scheitern, dann könnte Red Bull zu Cosworth wechseln. Quellen behaupten sogar, dass zwischen den beiden Parteien bereits Einigkeit herrscht.
Geschrieben von Oliver Hartwich
Erschienen am Samstag, den 24. Oktober 2009 um 02:25 Uhr | 5.827 Besuche
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