Jan27
2010


430 km in Autopolis, 27.10.1991. Sieger Michael Schumacher am Steuerrad des Mercedes-Benz Gruppe C-Rennsportwagen C 291

430 km in Autopolis 1991: Sieger Michael Schumacher am Steuer des C 291

Mit der Rückkehr nach Stuttgart schließt sich für Michael Schumacher und den Mercedes-Motorsport nach beinahe 20 Jahren ein Kreis. Seit seinen Tagen als Mitglied des Juniorenteams von Mercedes-Benz hatte Schumacher den Kontakt zu Mercedes nie verloren. Und nach etlichen Versuchen, Schumacher in einem Silberpfeil in der Formel-1 starten zu lassen, soll es nun 2010 endlich klappen.

Den ersten Anlauf nahm man bereits viel früher, der frühere Mercedes-Rennleiter Jochen Neerpasch hatte Anfang der Neunziger große Pläne. Der Vorgänger von Norbert Haug wollte mit Mercedes-Benz 1992 werksseitig in die Formel-1 einsteigen, ein umfassendes Vorbereitungsprogramm wurde gestartet. Als zweiten Fahrer wollte man einen jungen Deutschen haben, weshalb bereits Jahre zuvor damit begonnen wurde, eine Nachwuchsprogramm zu erstellen. Nach den großen Erfolgen mit Sauber in der Sportwagenprototypen-Weltmeisterschaft der Gruppe C Mitte und Ende der 1980er Jahre, formte Mercedes 1990 für diese Rennserie ein Junioren-Team. Diese geschlossenen und voll verkleideten Autos hatten eine Leistung von etwa 920 PS und waren so schnell wie ein damaliger Formel-1-Wagen. Michael Schumacher kam 1990 als Deutscher Meister 1988 der Formel-König und über die Formel-3 ins Mercedes-Sauber-Team der Gruppe C.

Mercedes-Benz Gruppe C Rennfahrer von links: Fritz Kreutzpointner, Karl Wendlinger und Michael Schumacher. (24 Stunden-Rennen von Le Mans, 23.06.1991).

Fritz Kreutzpointner, Karl Wendlinger und Michael Schumacher bei den 24 Stunden von Le Mans, 23.06.1991.

Hier wurde neben dem routinierten Weltmeister-Team Jean-Louis Schlesser & Mauro Baldi auf dem zweiten eingesetzten Sauber-Mercedes C 11 dem Stammfahrer Jochen Mass je ein Juniorpilot zur Seite gestellt. Abwechselnd fuhren hier Karl Wendlinger, Michael Schumacher und Heinz-Harald Frentzen – bei den damaligen Rennen der Gruppe-C war es aufgrund der Renndistanz von mehr als 400 Kilometern üblich, jedes eingesetzte Auto mit zwei Fahrern zu besetzen, die abwechselnd fuhren. Und dieses Junioren-Trio kannte sich bereits bestens aus dem Titelkampf in der Formel-3 ein Jahr zuvor, wo am Ende Wendlinger mit 164 Punkten vorne lag – vor Frentzen und Schumacher mit je 163 Zählern.

24 Stunden-Rennen von Le Mans, 23.06.1991. Das Fahrerteam Fritz Kreutzpointner / Karl Wendlinger / Michael Schumacher (Startnummer 31) belegen mit Mercedes-Benz Gruppe-C-Rennsportwagen C 11 den fünften Platz.

24 Stunden-Rennen von Le Mans 1991. Das Fahrerteam Kreutzpointner / Wendlinger /Schumacher belegen mit einem C 11 den fünften Platz.

Schlesser/Baldi und des Sauber-Mercedes-Team konnten in dieser Saison ihre Titel verteidigen – der C 11 fährt 1990 in einer eigenen Liga und gewinnt acht der neun Rennen. Eines der Rennen, welches nicht Schlesser/Baldi gewannen, war das Trofeo Hermanos Rodriguez in Mexiko. Hier sah der zweite C 11 mit der Fahrerpaarung Mass/Schumacher als erster die Zielflagge. 1991 wurde das zweite Auto sogar komplett den Junioren überlassen: Michael Schumacher und Karl Wendlinger wurde hier noch Fritz Kreuzpointner zur Seite gestellt, welche dann abwechselnd als Fahrerpaare bei den Rennen eingesetzt wurden. Bei dem 24 Stunden-Rennen von Le Mans im Juni 1991 erreichte das Fahrerteam Fritz Kreutzpointner / Karl Wendlinger / Michael Schumacher mit dem C 11 den fünften Platz. In der Gruppe-C hingegen lief es nach tiefgreifenden Regeländerungen zum Saisonstart 1991 nicht mehr so erfolgreich – Turbomotoren wurden durch Saugmotoren ersetzt. Die erneute Titelverteidigung gelang zwar nicht, dafür siegten beim Saisonabschluss, den „430 km in Autopolis“, Karl Wendlinger & Michael Schumacher mit ihrem C 291. Neben dem Engagement als „Mercedes-Junioren-Fahrer“ fuhr Schumacher weiterhin erfolgreich Formel-3 und wurde dort 1990 Deutscher Meister. 1991 fuhr er außerdem mehrere Einsätze für das Zakspeed-Team in einem 190E 2.5-16 Evo II der Baureihe 201 in der DTM.

200 Meilen von Nürnberg, 30.06.1991. Michael Schumacher (Startnummer 20) mit einem AMG Mercedes-Benz Rennsport-Tourenwagen 190 E 2.5-16 Evolution II.

200 Meilen von Nürnberg 1991. Michael Schumacher mit einem AMG Mercedes-Benz 190E 2.5-16 Evolution II.

Mit dem Ende der Saison 1991 wollte Mercedes-Benz sein Gruppe-C-Engagement beenden, denn hinter den Türen in Untertürkheim plante man bereits größeres und für dieses Projekt sollten die Junioren unter der Leitung von Jochen Mass qualifiziert werden. Mercedes wollte in der Saison 1992 werksseitig in die Königsklasse des Motorsports einsteigen – doch dazu sollte es nicht kommen. Der Formel-1-Silberpfeil wurde 1991 mit großem Aufwand vorbereitet. Man hatte sich unter anderem die Dienste der namhaften Techniker Harvey Postlethwaite und Mike Gascoyne gesichert. Bei Mercedes hat man sich inzwischen für Michael Schumacher als Juniorfahrer im neuen Team verständigt. Als bei Jordan der Platz von Bertrand Gachot kurzfristig frei wurde, weil der Belgier einem englischen Taxifahrer im Streit um die Höhe der Rechnung mit Reizgas besprüht hatte, sicherte man dem Talent Schumacher das Cockpit, um ihm erste Erfahrungen zu ermöglichen.

430 km in Autopolis, 27.10.1991. Boxenstopp und Fahrerwechsel des Siegerteams Michael Schumacher / Karl Wendlinger (Startnummer 2) mit einem Mercedes-Benz C 291.

430 km in Autopolis 1991 - Boxenstopp und Fahrerwechsel des Siegerteams Schumacher /Wendlinger mit einem C 291.

Mit Mitteln aus dem Mercedes-Budget und Freigabe von Peter Sauber fuhr Schumacher in Spa-Francorchamps 1991 sein erstes Formel-1-Rennen. Obwohl er im Rennen nach einem siebten Platz im Qualifying schon nach 500 Metern mit technnischem Defekt ausschied, erkannte die Fachwelt sein Potential. Eddie Jordan wollte nach diesem Rennen Schumacher vertraglich weiter binden, aber Mercedes gab dem ebenfalls interessieren Benetton-Team den Vorrang, das mit dem dreifachen Weltmeister Nelson Piquet als Pilot schon mehrere Grand Prix gewonnen hatte. Benetton nutzte die Gunst der Stunde, um seinen bisherigen zweiten Piloten, Roberto Moreno, zu entlassen. Für Benetton errang Schumacher beim folgenden Großen Preis von Italien in Monza seine ersten beiden WM-Punkte und beendete den Grand Prix vor seinem Teamkollegen Piquet. Bei Mercedes steuerte man immer noch auf den Formel-1-Start 1992 hin und wollte Schumacher für den Rest der Saison 1991 bei Benetton wertvolle Erfahrungen sammeln lassen. Doch der Einstieg kam nicht zustande.

Der damalige Vorstand Jürgen Hubbert stoppte das Projekt im Herbst 1991 kurzfristig, aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten war ein teures und aufwändiges Formel-1-Programm bei Mercedes nicht zu rechtfertigen. Schumacher fuhr 1992 weiter für das Benetton-Team in der Formel-1. Ein Jahr nach seinem Debüt in Spa-Francorchamps gewann er hier seinen ersten Grand-Prix und wurde somit dritter deutscher Formel-1-Sieger in den Ardennen. Die Regeländerung in der Gruppe C 1991 war nebenbei bemerkt auch der Anfang vom Ende dieser Prototypenserie. Als die Rennserie Ende 1992 ihren Niedergang erlebte, hatte Peter Sauber sich bereits zu einem Einstieg seines Teams  in die Formel-1 entschieden. Für 1993 wollte Sauber in der Königsklasse mit einem privaten Sauber-Mercedes-Programm starten.

Formel 1 - Grand Prix von Spanien, 1999. Siegerehrung: Sieger Mika Häkkinen, der Zweite David Coulthard und der Dritte Michael Schumacher (Ferrari).

Formel 1 - Grand Prix von Spanien, 1999. Siegerehrung: Sieger Mika Häkkinen, der Zweite David Coulthard und der Dritte Michael Schumacher (Ferrari).

Mercedes-Benz zierte sich zunächst, unterstützte das Team aber dann durch das Kooperationsabkommen mit Saubers Motorenschmiede Ilmor in Brixworth. Als Fahrer wollte Peter Sauber Michael Schumacher verpflichten, doch der Schweizer blitzte mit seinem Ansinnen ab. Schumacher hatte sich innerhalb kurzer Zeit einen großen Namen in der Formel-1 gemacht – die Aussichten im Team Benetton waren für ihn deutlich verlockender als der Aufbau des neuen Sauber-Rennstalls. Auch auf Mercedes‘ Seite verzichtete man auf den Kerpener und verpflichtete stattdessen seinen ehemaligen Juniorenpartner Karl Wendlinger. Schumachers Ehe mit Benetton wurde schließlich mit zwei WM-Titeln gekrönt, ehe er 1996 zu Ferrari wechselte.

Aber Schumachers Kontakt zu Mercedes riss nie ab. „Mercedes hat ihm 1991 den Formel-1-Einstieg ermöglicht, das hat er nie vergessen.“, sagt Schumachers langjähriger Manager Willi Weber. 1995, 1998 und 2006 gab es ernsthafte Versuche, Schumacher zu Mercedes zu holen, doch die Pläne scheitern. 2010 passt offenbar nun alles perfekt zusammen, der Kreis mit dem Stern schließt sich.

(Fotos: Daimler AG)



Geschrieben von Oliver Hartwich
Erschienen am Mittwoch, den 27. Januar 2010 um 01:23 Uhr  |  36.354 Besuche

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