Mai28
2020


Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ 

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“

Ein Repräsentationsfahrzeug verschafft einen würdigen und standesgemäßen Auftritt. Denn ein stattliches und wirkungsvolles Automobil dient nicht nur dem Selbstzweck des Transports. Durch seine Präsenz wirkt es als Verstärker imponierender Auftritte. Wobei die Bewertung je nach Epoche unterschiedlich ausfällt, ebenso die der jeweils benutzten Automobile. Sie sind immer auch ein Spiegelbild ihrer Zeit. Zugleich imponiert ein Repräsentationswagen nicht nur durch Größe und Stil, oft dokumentiert er auch den technischen Fortschritt und überzeugt durch überragenden Komfort.

Die Tradition der Repräsentationsfahrzeuge der Marke Mercedes-Benz und der Vorgängerfirmen Benz & Cie. und Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) ist eine Geschichte mit Unterbrechungen. Dabei ist bis 1981, dem Jahr des Produktionsendes des Mercedes-Benz 600, vollkommen unstrittig, dass die Marke in der Exklusivklasse mit einem Fahrzeug vertreten sein muss. Es dauert rund zwei Jahrzehnte, bis die damalige DaimlerChrysler AG im Jahr 2002 mit der Marke Maybach den Anschluss im Highend-Segment wieder herstellt.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“  Foto: Pullman-Limousine aus dem Jahr 1931

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“  Foto: Pullman-Limousine aus dem Jahr 1931

Die Ära der Repräsentationswagen beginnt etwa zwanzig Jahre nach der Erfindung des Automobils, somit zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ausgelöst wird sie durch dieselben Kreise des wohlhabenden Bürgertums, die sich auch als Förderer des Automobilsports einen Namen machen. Der Kaufmann Emil Jellinek beispielsweise ist einer von jenen Freunden und Förderern des Automobils, der in der Frühzeit immer wieder mit Denkanstößen zur Weiterentwicklung der Fahrzeuge maßgeblich beiträgt. Ein Ergebnis ist Jellineks Reisewagen aus dem Jahr 1907, heute im Mercedes-Benz Museum zu bewundern, der schon wesentliche Merkmale eines repräsentativen Automobils verkörpert. Jellinek, der immer etwas weiter denkt als viele Zeitgenossen, lässt sich als Reisewagen nicht einen Tourer oder Phaeton bauen, die damals weit verbreitet sind, sondern eine bequeme und stattliche Limousine, die sich mit einer Motorleistung von 60 PS an der oberen Grenze der damaligen Typenhierarchie befindet. Jellinek denkt, im Gegensatz zu vielen seiner Standesgenossen, auch an den Fahrer, der über ein festes Dach, Türen und Fenstern ebenfalls vor Wind und Wetter geschützt ist.

An dieser Stelle ist anzumerken ist, dass damals der offene Wagen die gebräuchliche Karosserieform und das geschlossene Fahrzeug die exklusive, besondere Variante ist, was in vielen Fällen bis Ende der 1930er-Jahre gilt – auch für repräsentative Autos.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“  Foto: Mercedes-Benz Baureihe W 24, siebensitziger offener Tourenwagen aus dem Jahr 1936 mit Lochscheibenrädern. Die Baureihe W 24 entstand in kleiner Stückzahl als Übergangsfahrzeug zwischen den Baureihen W 07 und W 150.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“  Foto: Mercedes-Benz Baureihe W 24, siebensitziger offener Tourenwagen aus dem Jahr 1936 mit Lochscheibenrädern. Die Baureihe W 24 entstand in kleiner Stückzahl als Übergangsfahrzeug zwischen den Baureihen W 07 und W 150.

Der Adel, vorwiegend Liebhaber von Pferden und Kutschen, entdeckt erst nach dem begüterten Bürgertum das Automobil für seine repräsentativen Zwecke. So wird von Zar Nikolaus berichtet, dass er ein begeisterter Reiter sei, der alte Sitten schätzt, aber zunächst nicht unbedingt das Automobil. Eine ähnliche Einstellung sagt man dem deutschen Kaiser Wilhelm II. nach. Trotzdem hält das Automobil allmählich Einzug in die Marställe des Adels und funktioniert sie allmählich zu Großgaragen um.

Beispielhaft für einen Repräsentationswagen von Mercedes-Benz ist der sogenannte „Große Mercedes“. Von 1930 bis 1938 wurde der W07 gebaut.

„Mit dieser Type stellt sich Deutschlands Automobilfabrikation wieder an die Spitze jener Sonderklasse, die eigentlich von Beginn des Automobilbaus an stets Deutschlands Domäne – verbunden mit dem Namen Mercedes-Benz – war. Man darf annehmen, dass gerade jene Kreise, die immer nur eine letzte Spitzenleistung als für ihre Ansprüche gerade ausreichend betrachten, dieser Type ihr Interesse zuwenden werden.“ So urteilt der Redakteur der renommierten „Allgemeinen Automobil-Zeitung“ (AAZ) 1930 über den auf dem Pariser Salon vorgestellten „Großen Mercedes“. So wird der Mercedes-Benz Typ 770 offiziell genannt.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Cabriolet F aus dem Jahr 1935

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Cabriolet F aus dem Jahr 1935

Gegen Ende der 1920er-Jahre ist für Mercedes-Benz die Zeit reif geworden für einen neuen Markstein im Segment der Spitzenautomobile. Der Typ 630 ist nicht mehr zeitgemäß, und Daimler-Benz droht angesichts des Ende 1929 vom Konkurrenten Maybach herausgebrachten Typ Maybach 12 mit V12-Motor (7 Liter Hubraum, 150 PS) und des ein Jahr später auf dem Pariser Salon präsentierten Typ Zeppelin (8 Liter Hubraum, 200 PS) den Anschluss in der Klasse der Spitzenautomobile zu verlieren. Allerdings geht Daimler-Benz angesichts des Rufs der Marke und der jüngeren Erfahrungen im eigenen Haus vorsichtig mit technischen Neuerungen um. Das Fachblatt „Motor und Sport“ berichtet 1932 anlässlich des Tests des „Großen Mercedes“ zu diesem Thema:

„Im Gegensatz zur amerikanischen Auffassung, die bei Vertretern dieser Preisklasse sich zum V-Motor 12- oder 16zylindriger Bauart bekennt, ist man beim Großen Mercedes mit beachtenswerter Nüchternheit bei der achtzylindrigen Reihenbauart verblieben. Bei einem Fahrzeug, dessen Grundtendenz jedoch so auf Exclusivität gerichtet ist wie in diesem Fall, hielt man indessen jeden Exkurs in unbekannte Gefilde für verhängnisvoll. So wurde die Neukonstruktion des Hauses Daimler-Benz ein freudiges Bekenntnis zu traditionellen Bindungen.“

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Pullman-Limousine aus dem Jahr 1931 mit Stoßschutz an der Rahmenverkleidung unter den Türen, mit separatem Koffer.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Pullman-Limousine aus dem Jahr 1931 mit Stoßschutz an der Rahmenverkleidung unter den Türen, mit separatem Koffer.

Es stimmt, aus technischer Sicht ist der intern W 07 genannte „Große Mercedes“ kein Sprung in neue Technologien. Da hatte die Öffentlichkeit durch den ein Jahr später 1931 herausgekommenen Mercedes-Benz 170 (W15) mit seinem fortschrittlichen Fahrwerk inklusive Einzelradaufhängung durchaus eine hohe Erwartungshaltung. Trotz seiner konservativen Fahrwerkkonstruktion mit vorderen und hinteren Starrachsen überrascht aber das neue Topmodell durch seine sauberen Fahreigenschaften als Folge einer gekonnten Fahrwerkabstimmung. Auch da ist „Motor und Sport“ aufschlussreich:

„Der Grosse Mercedes ist ein überaus schneller Wagen. Er erreicht mit Limousinenaufbau eine Geschwindigkeit von 150 km/h. Dies ist eine Leistung, die in weiten Kreisen als Rennfahrertempo empfunden wird. Es sind Fahrzeuge bekannt, auch solche jüngsten Datums, bei denen es Leichtsinn wäre, über 70 km/h zu fahren, während beim Grossen Mercedes eine diesbezügliche Grenze nicht besteht. Im Gegensatz zu bekannt gewordenen Ausführungen der Konkurrenz ist das Verhalten des Grossen Mercedes bei allen Geschwindigkeiten unantastbar. Zwar ist die Federung dieses Wagens nicht so empfindlich wie die der amerikanischen Konkurrenz, dafür gestattet aber der Grosse Mercedes eine gebundene Fahrweise, die den Zusammenhalt mit der Strasse sicherstellt. Uns ist kein Fahrzeug bekannt, das ein so gefahrloses Fahren mit schweren Karosserien, bei der atemberaubenden Geschwindigkeit von 120 km/h zuliesse. Und hier dürfte der letzte Sinn und die letzte Lebensberechtigung dieses Fahrzeugtyps liegen. So präsentiert sich der Grosse Mercedes trotz seiner orthodoxen Grundeinstellung als würdiger Abschluss der Daimler-Benz Produktion und als letzte Steigerung des mit heutigen Mitteln erzielbaren Automobilkomforts.“

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Cabriolet F aus dem Jahr 1936 mit integriertem Kofferraum

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Cabriolet F aus dem Jahr 1936 mit integriertem Kofferraum

Die Kritik an den Fahreigenschaften großer Wagen ist damals durchaus ein Thema. Denn bei anderer Gelegenheit kritisieren die zeitgenössischen Tester die Fahreigenschaften von Cadillac V16 und Maybach 12, als unmittelbare Konkurrenten des „Großen Mercedes“, folgendermaßen: „Das etwas unangenehme seitliche Schwanken der Karosserie würde durch Verstärken der etwas weichen Federn und Anziehen der Stoßdämpfer zu erreichen sein und würde dann wohl fortfallen; allerdings fragt es sich, ob die Federung dann auf schlechter Landstraße, die doch bei großen Reisen überwiegt, noch ausreicht, um den hohen Durchschnitt zu halten. Hier zeigt sich – wie auch beim neuen Zwölfzylinder-Maybach –, dass in Zukunft doch in erster Linie an der Verbesserung der Fahreigenschaften gearbeitet werden muss.“

Der „Große Mercedes“ ist die letzte sehr konservativ geprägte Neukonstruktion der noch jungen Marke Mercedes-Benz, die 1926 aus der Fusion der Unternehmen Benz & Cie. und DMG hervorgegangen ist. Ihm zum Vorteil gereicht die in der Gesellschaft manifestierte Erwartungshaltung an ein exklusives Automobil dieser Marke, dessen Platz in der automobilen Gesellschaft bereits durch die Vorgängermodelle geschaffen worden ist.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Armaturenbrett eines W07 mit moderneren Armaturen und separat eingebautem Radio, darunter der Lautsprecher

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Armaturenbrett eines W07 mit moderneren Armaturen und separat eingebautem Radio, darunter der Lautsprecher

Die 7,7 Liter große Achtzylindermaschine in Reihenbauweise ist fortschrittlicher solider Motorenbau, gemessen am Achtzylindermotor des Typs Nürburg, aber nicht hoch entwickelt, gemessen am Motor des Vorgängers vom Typ 630. Eine Besonderheit im internationalen Vergleich bleibt die Ausrüstung mit dem damals auf Wunsch lieferbaren Kompressor, der die Leistung von 150 PS auf 200 PS steigert. Der Wagen ist, auch das eine Besonderheit der Baureihe W 07, für einen Minderpreis von 3000 Reichsmark ohne Kompressor lieferbar. 13 Kunden machen von dieser Möglichkeit Gebrauch. Die hängenden Ventile werden durch eine unten liegende Nockenwelle über Stößel und Kipphebel betätigt. Der Zylinderkopf aus Grauguss wird von einer Ventilhaube aus Elektron abgedeckt. Der Motorblock aus chromnickellegiertem Grauguss beherbergt die neunmal gelagerte Kurbelwelle und wird nach unten durch eine Ölwanne aus Elektron abgeschlossen. Im Zylinderkopf sind je acht Zündkerzen des mit kombinierter Batterie- und Magnetzündung arbeitenden Triebwerks untergebracht.

Die Gemischversorgung erfolgt bei der Saug- und der Kompressorversion über einen Steigstrom-Doppelvergaser mit Beschleunigerpumpe und Startvorrichtung. Außerdem wird der Startvorgang bei kaltem Motor von einer über einen Thermostaten geregelte Ansaugrohr-Vorwärmung erleichtert.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Pullman-Limousine aus dem Jahr 1931 mit Stoßschutz an der Rahmenverkleidung unter den Türen, ohne Kofferraum

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Pullman-Limousine aus dem Jahr 1931 mit Stoßschutz an der Rahmenverkleidung unter den Türen, ohne Kofferraum

Eine Besonderheit stellt das Getriebe dar. Zu den normalen drei Vorwärtsgängen lässt sich nämlich noch ein Schnellgang zuschalten, sodass insgesamt sechs Vorwärtsgänge zur Verfügung stehen. Vorgewählt wird der Schnellgang durch einen Hebel am Lenkrad, aktiviert durch kurzes Gaswegnehmen ohne Betätigung der Kupplung. Zurückgeschaltet wird auf dieselbe Weise. Während der gesamten Bauzeit stehen beim „Großen Mercedes“ der Baureihe W 07 die beiden Antriebsachsübersetzungen i = 4,5 und i = 4,9 zur Wahl.

Die Schmierung des Fahrgestells erfolgt bei den frühen Fahrzeugen automatisch durch eine Zentralschmierung, indem Motoröl aus der Ölwanne an die entsprechenden Schmierstellen gepumpt wird. Bei den späteren Jahrgängen wird die damals bei Daimler-Benz übliche Zentralschmierung verwendet, die über einen alle 100 Kilometer mit dem Fuß zu betätigenden Stößel einer Pumpe die Schmierstellen mit Öl versorgt.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Cabriolet F in der Dach-Variation als Pullman-Stadtcoupé

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Cabriolet F in der Dach-Variation als Pullman-Stadtcoupé

Das vorne und hinten gekröpfte Niederrahmen-Chassis mit Kreuzverstrebung in der Mitte besteht aus geschlossenen U-Profil-Stahlträgern. Die Vorderachse, eine Starrachse aus Chromnickelstahl mit einem Doppel-T-Profil und die hintere Starrachse sind durch lange Halbelliptikfedern mit dem Rahmen verbunden und werden bei ihrer Federarbeit durch Hebelstoßdämpfer unterstützt.

Bei den frühen Fahrzeugen ist das Wechseln der Räder eine mühsame Angelegenheit. Der 2,7 Tonnen schwere Wagen muss mit einem Wagenheber von Hand angehoben werden. Spätere Wagen bieten eine eingebaute hydraulische Hebeanlage, die einzelne Räder anhebt. Als Räder werden in unterschiedlichen Größen Drahtspeichenräder oder sogenannte Artillerieräder verwendet; Artillerieräder sind Holzspeichenräder, die ursprünglich bei schweren Artilleriekanonen zum Einsatz gekommen sind. Es werden Niederdruckreifen der Größe 7,00 x 20, sogenannte Riesenluftreifen der Größe 190 x 20 und Niederdruckreifen der Größe 8,25 x 17 eingebaut.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Der Typ 770 genoss großes Ansehen bei gekrönten und ungekrönten Staatsoberhäuptern und in Kreisen der Industrie und Finanzwelt. Im Bild gleich drei Pullman-Limousinen dieses Typs, die 1931 im Werk Sindelfingen auf ihre Auslieferung warten.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Der Typ 770 genoss großes Ansehen bei gekrönten und ungekrönten Staatsoberhäuptern und in Kreisen der Industrie und Finanzwelt. Im Bild gleich drei Pullman-Limousinen dieses Typs, die 1931 im Werk Sindelfingen auf ihre Auslieferung warten.

Bemerkenswert während der Produktionszeit dieses „Großen Mercedes“ ist der Karosserie-Stilwandel, der sich innerhalb der fast achtjährigen Produktionszeit vollzieht. Sind es am Anfang noch sehr kantige Aufbauten mit senkrecht stehenden Windschutzscheiben und Hecks ohne Kofferräume, so entwickeln sich mit der Zeit rundere Formen, schräger stehende Windschutzscheiben und zunächst angesetzte Kofferräume, bis diese zuletzt in die Gesamtform integriert sind. Auch von der Seite stehen die Räder, und hier vor allem die Vorderräder, nur von einem geschwungenem Blech als Kotflügel überdacht, ziemlich isoliert dar. Mit der Zeit sind auch die Kotflügel mit ihren heruntergezogenen Schürzen und die darin sich befindenden Räder eher als integrierter Bestandteil des Gesamtdesigns zu sehen und zeigen eine homogenere Seitenansicht der Karosserie. Interessant ist auch, dass die Höchstgeschwindigkeit bei den letzten Modellen von 150 km/h auf 160 km/h angehoben wird, und das ohne Erhöhung der Motorleistung – ein bescheidener Erfolg runderer Karosserien. Eine Besonderheit im Mercedes-Benz Personenwagenprogramm ist das Multifunktionslenkrad mit fünf Zusatzfunktionen: dazu gehören Hupen per Signalring, Auf- und Abblenden durch den in der Mitte des Lenkrads platzierten Knopf, der mit dem Markenemblem mit Stern und Lorbeerkranz verziert ist, sowie die durch drei Hebel bedienbaren Funktionen der Gemischregelung, Zündung und des Schnellgangs.

Das Karosserieangebot besteht laut Katalog des Jahres 1931 aus Pullman-Limousine, Cabriolet D, Cabriolet F und Offener Tourenwagen. Der Katalog von 1935 zeigt folgende Karosserie-Ausführungen: Pullman-Limousine mit Kofferbrücke, Cabriolet B mit Kofferraum, Cabriolet D mit Kofferraum, Cabriolet F mit Kofferbrücke und Offener Tourenwagen mit Kofferbrücke.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Pullman-Landaulet aus dem Fuhrpark des japanischen Kaisers auf dem Gelände des Kaiserpalasts

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Pullman-Landaulet aus dem Fuhrpark des japanischen Kaisers auf dem Gelände des Kaiserpalasts

In den Jahren 1937 und 1938 wird das Fahrgestell der Baureihe W 07 dann für 24.000 Reichsmark angeboten. Mit diesem günstigeren Preis reagiert das Unternehmen auf die seit 1936, mit Blick bereits auf den neuen „Großen Mercedes“ der Baureihe W 150 mit seiner erheblich moderneren Technik, stark nachgelassene Nachfrage.

Die Preisangaben sind Katalogangaben und gewissermaßen als Orientierungswerte zu verstehen, denn kaum ein gefertigtes Fahrzeug gleicht einem anderen. Und auch Cabriolet-F-Karosserien mit Kofferraum oder das im Katalog nicht verzeichnete Cabriolet C wurden geliefert.

Beispiele für Karossiers, die Aufbauten für den „Großen Mercedes“ (W 07) lieferten:

Auer, Stuttgart-Bad Cannstatt

Erdmann & Rossi, Berlin-Halensee

Josef Neuss, Berlin-Halensee

Papler, Köln

Reutter, Stuttgart

Voll & Ruhrbeck, Berlin-Charlottenburg

Beispiele für prominente Kunden sind:

Deutsche Reichskanzlei, Berlin

Wilhelm II. von Hohenzollern, ehemaliger Deutscher Kaiser, Apeldoorn/Niederlande Kaiser Hirohito, Japan

Erzherzog Josef, Budapest

Admiral Miklós Horthy, Budapest

Deutsche Botschaft, London

Otto Wolff, Köln, Industrieller und Aufsichtsratsmitglied der Daimler-Benz AG von 1926 bis 1940

Oberbürgermeister Karl Fiehler, München

Federico J. Vollmer, Großhandelskaufmann, Hamburg

Axel Tidstrand, Sågmyra/Schweden

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Pullman-Limousine aus dem Jahr 1937 mit zusätzlichem Fenster über der Windschutzscheibe

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Pullman-Limousine aus dem Jahr 1937 mit zusätzlichem Fenster über der Windschutzscheibe

Vom Typ „Großer Mercedes“ (W 07) wurden zwischen 1930 und 1938 insgesamt 119 Fahrzeuge gebaut; deren Stückzahl teilt sich wie folgt auf:

42 Pullman-Limousinen 26 Offene Tourenwagen

18 Cabriolet D 8 Cabriolet F

4 Cabriolet C 2 Cabriolet B

19 Fahrgestelle, davon 4 Stück an Erdmann & Rossi 13 Fahrzeuge davon werden ohne Kompressor geliefert

Übrigens: Einen Typ 770 K, wie er in der Literatur immer wieder mal auftaucht, hat es nie gegeben. Die Typenbezeichnung lautet immer: Mercedes-Benz Typ 770 „Großer Mercedes“. Dies gilt auch für den Nachfolger, die 1938 präsentierte Baureihe W 150.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Cabriolet D aus dem Jahr 1937 mit Verkleidung der Hinterräder

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Cabriolet D aus dem Jahr 1937 mit Verkleidung der Hinterräder

Auf dem Weg zur Baureihe W 150 gibt es in kleinen Stückzahlen ein Übergangsfahrzeug, die Baureihe W 24, von der sechs Wagen für die Reichsregierung gebaut werden. Von außen entspricht sie im Großen und Ganzen den frühen Ausführungen des „ Großen Mercedes“ der Baureihe W 150 und wird oft mit dieser verwechselt. Technisch trennen sie jedoch Welten. Die Baureihe W 24 hat als Antriebsquelle den 5,4-Liter-Kompressormotor des Typ 540 K, der ohne Kompressorunterstützung 115 PS und mit Aufladung 180 PS leistet. Übernommen wird auch der Kühler, der in seiner Außenansicht wie beim 540 K acht übereinander liegende Blöcke hat; bei der Baureihe W 150 sind es neun oder zehn Blöcke. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal sind die drei Türscharniere bei der Baureihe W 24; die Baureihe W 150 hat zwei Stück. Vom Aufbau des Fahrwerks her ist sie eine Zwitterkonstruktion, was den Übergangsstatus dieses Fahrzeugs unterstreicht: Der Rahmen ist ein Kastenrahmen, wie bis dahin bei allen großen Mercedes-Benz Typen. Vorn hat die Baureihe W 24 noch eine Starrachse mit Halbelliptikfedern. Die Hinterachse ist allerdings eine moderne

De-Dion-Achse mit Spiralfedern, die auf Betreiben des damals neu hinzugekommenen Personenwagen-Konstrukteurs Hans Gustav Röhr verwendet wird. Diese Konstruktion bildet die Vorstufe für die später in der Baureihe W 150 verwendete De-Dion-Hinterachse, die bei Mercedes-Benz immer Parallelradachse genannt wird. Die Fahrzeuge der Baureihe W 24 laufen nie unter einer der sonst offiziellen Typenbezeichnungen, intern werden sie gelegentlich „540 K lang“ genannt. Über den Verbleib der an die Reichsregierung gelieferten Wagen ist nichts bekannt.

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Ein W 24 aus dem Jahr 1937. Die Front dieses siebensitzigen offenen Tourenwagens hat große Ähnlichkeit mit dem Typ 540 K, von dem der Motor und der Kühler übernommen wurden. Die Baureihe W 24 entstand in kleiner Stückzahl als Übergangsfahrzeug zwischen den Baureihen W 07 und W 150

Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ Foto: Ein W 24 aus dem Jahr 1937. Die Front dieses siebensitzigen offenen Tourenwagens hat große Ähnlichkeit mit dem Typ 540 K, von dem der Motor und der Kühler übernommen wurden. Die Baureihe W 24 entstand in kleiner Stückzahl als Übergangsfahrzeug zwischen den Baureihen W 07 und W 150

Fotos: Daimler AG

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Geschrieben von Maik Jürß
Erschienen am Donnerstag, den 28. Mai 2020 um 00:05 Uhr  |  5.353 Besuche

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Ein Kommentar zum Beitrag “Rollende Pracht: Der Repräsentationswagen Typ „Großer Mercedes“ ”

  1. 1
    W.Haack schreibt:

    Hallo, zwischen 1989 und 1995? fand in Potsdam eine öffentlich Veranstaltung von Mercedes Benz statt. Es wurden haupsächlich die damals neuesten Modelle von Mercedes Benz im Freien vorgestellt.
    Aber auch einige historische PKWs von Privat waren dort zu sehen.
    Darunter auch ein „Generalswagen“? aus den Jahren vor 1933.
    Er wurde anfänglich von den Jurnalisten irgendwie „übersehen“ aber dann kamen doch, erst langsam und dann immer mehr Jurnalisten zu diesen extrem gut erhaltenen Auto.
    Der Besitzer war stolz auf sein seltenes Stück und erzählte: er hätte das Auto in Dresden in einer Garage mit „Lehmboden“ gefunden. Letztendlich war Er der „Star“ der Veranstaltung.
    Vielleich liest es jemand der auch dort war.
    Irgendwo in meinem „Nirwana“ gibt es auch Fotos von diesem Auto.

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