2020
Bettina Fetzer, Marketingchefin Mercedes-Benz AG, im Gespräch mit Gorden Wagener, Chief Design Officer Daimler AG, über die Faszination einer Marke und das Zusammenspiel von Marke, Design und Luxus.
Frau Fetzer, Sie könnten die Ur-Enkelin von Mercédès Jellinek sein, der Namenspatronin von Mercedes-Benz. Was macht die Marke für Sie nach so langer Zeit so attraktiv? Und was wird die Zukunft bringen?
Bettina Fetzer: Ist das nicht absolut faszinierend? Unsere Unternehmensgründer haben das Automobil vor über 130 Jahren erfunden, und seit 120 Jahren ist die Marke mit dem Stern Bestandteil des öffentlichen Lebens. Mercedes wurde in dieser Zeit zum Sinnbild deutscher Ingenieurskunst und hat sich insbesondere in den vergangenen Jahren verjüngt und für neue Zielgruppen geöffnet, gleichzeitig aber seinen Luxusanspruch verstärkt. Eine Markenikone wie Mercedes-Benz von einer respektierten Marke der Väter in eine respektierte und geliebte Marke aller Generationen weiterzuentwickeln, ist für mich die ultimative Aufgabe. Und für Sie, Herr Wagener, was bedeutet für Sie Mercedes?
Gorden Wagener: Mein erstes Auto war ein Strich 8. Das „erste Mal“ vergisst man nie, ob Eiscreme oder Auto. In unserer Familie war Mercedes immer ein Traum. In meiner Jugend fuhren Menschen Mercedes, die es „geschafft hatten“, die sich mit einem Stern auf der Haube einen Traum erfüllt haben. Heute kann ich mit meinem Team die Zukunft der Marke mitgestalten, das ist ein Traum, der sich erfüllt hat.
Bettina Fetzer: Wolltest Du schon immer zu Mercedes?
Gorden Wagener: In der Tat. Ich wollte, wenn Du so willst, nach den Sternen greifen. Jeder Designer strebt danach, Ikonen zu gestalten, und Mercedes hat den Stern, der am hellsten strahlt. Das ist Bürde und Chance zugleich. Wenn Du gutes Design ablieferst, wirst Du gefeiert, wenn es schiefgeht, gefeuert.
Ein Fahrzeug von Mercedes-Benz wird Ihren Umfragen zufolge wegen der Marke und seit geraumer Zeit ebenso wegen des Designs gekauft. Das war nicht immer so, also lastet auf Ihren beiden Schultern ziemlich viel Verantwortung, oder?
Bettina Fetzer: Genau deshalb arbeiten Gorden und ich eng zusammen – da hat es mehr Platz auf unseren beiden Schultern. Aber in der Tat, laut Interbrand – auch 2019 wieder bestätigt – ist Mercedes-Benz mit Abstand die wertvollste Luxusautomobilmarke der Welt – und der einzige europäische Player in den Top 10. Die Verantwortung für diese Marke macht meine Mannschaft und mich ein wenig ehrfürchtig, aber vor allem sehr stolz.
Gorden Wagener: Wir haben es geschafft, den tradierten Luxus unserer Väter in einen modernen und nachhaltigen Luxus zu verwandeln. Früher fuhren ältere Männer mit Hut einen Benz. Heute fährt die Jugend stolz A-Klasse und ist „voll connected“. Mercedes ist auf einmal cool. Die Verantwortung für gutes und erfolgreiches Design treibt uns an. Das nutzt der Marke und befeuert das Team. Es ist wie im Sport, ohne große Ziele schafft man keine Weltrekorde. Deshalb ist unsere Mission: Wir wollen Mercedes-Benz zur meist geliebten Luxusmarke machen.
Wieviel hat die ursprüngliche Marke Mercedes mit der heutigen noch gemeinsam?
Gorden Wagener: Mercedes war immer eine Luxusmarke und von Anfang an auch eine Design-Marke, die Begriffe dafür waren einfach andere. Die Optik, die Gestaltung, das Material, alles, was wir heute Inszenierung nennen, gab es von Anfang an. Auch die Inszenierung von Technologie war immer wichtig, das prägt uns bis heute.
Bettina Fetzer: Stimmt, Mercedes ist damals wie heute eine Marke, die Emotionen weckt und ein Erlebnis für unsere Kunden darstellt. Wir sind eine starke Marke, die unseren Kunden Orientierung und Halt gibt. Gerade in dieser von Unsicherheit geprägten Zeit ist das eine Verantwortung, die wir sehr ernst nehmen. Wir zeigen als Marke Haltung, haben eine Meinung und setzen uns und unsere Stimme gezielt ein. Mit unserer Aktion DonateourReach zum Beispiel.
Gorden Wagener: Mercedes-Benz war schon immer eine global begehrte Marke. Mit einem Auto aus unserem Haus war man immer beachtet, vielleicht auch beneidet, aber nie in negativem Zusammenhang. Und Gottlieb Daimler wusste schon mehr über Inszenierung oder Marketing und Kommunikation als es damals üblich war. Heute sagt man Influencer, damals eben Filmstar, Berühmtheit oder Künstler. Seine Kunden waren immer gleichberechtigt, Frauen fuhren ebenso wie Männer auch, das war sehr unüblich in den ersten Jahren des Automobils.
Sie beide sind eigentlich selbst in Ihrer Zielgruppe. Jung, erfolgreich, stehen voll im Beruf und Leben und fahren Mercedes. Wie funktioniert das Zusammenspiel Ihrer Disziplinen und – wer hat am Ende recht?
Bettina Fetzer: Gorden und ich arbeiten schon eine ganze Weile zusammen an einer ganzheitlichen Weiterentwicklung unserer Marke, wir streiten und vertragen uns fast wie ein altes Ehepaar. Denn nur, wenn unsere beiden Disziplinen – Design und Marketing – Hand in Hand gehen, ergibt es letztlich ein einheitliches Bild für unsere Kunden und Fans auf der ganzen Welt. Unser Ziel ist es, Mercedes-Benz für mindestens weitere 120 Jahre fest in den Herzen der Menschen zu verankern.
Gorden Wagener: Wir kämpfen beide leidenschaftlich für die Marke. Wir brennen eben für das, was wir tun, und das gilt auch für unsere Teams. Ich bin mir sicher, dass unsere Gründerväter angetan wären, was wir aus der Marke gemacht haben. Mercedes-Benz ist heute eine angesagte, nachhaltige Design- und Luxusmarke, um die wir über die Autobranche hinaus beneidet werden.
Komplettieren Sie bitte folgende Sätze, Bettina Fetzer:
Mercedes ist …
… als Name weltbekannt, als Marke weltberühmt und als Synonym für „das Beste“ in aller Munde.
Der Stern …
… ist nahbar und erreichbar. Was man nicht von allen Sternen behaupten kann.
Ein Auto ist …
… der Inbegriff für Unabhängigkeit und Freiheit – und das über Generationen hinweg.
Männer meinen …
… vielleicht, sie seien die besseren Autofahrer, aber sie hören doch alle auf „Mercedes“. Vor allem bei MBUX:
Hey Mercedes – wer kann besser einparken, mein Mann oder ich?
Motorgeräusche müssen …
… nicht immer laut sein, um für Aufmerksamkeit zu sorgen. Der vollelektrische EQC beweist, dass auch geräuschlose Mobilität ganz schön aufregend sein kann.
Was fällt Ihnen zu folgenden Stichworten ein, Gorden Wagener?
Nachhaltigkeit …
… war und ist Bestandteil unserer Marken- und Design-Identität, sonst wäre unsere Marke längst vom Markt verschwunden.
Luxus …
… ist bei uns kein Selbstzweck, er ist Kern unserer Marken. Unsere Gründerväter haben das Auto erfunden, so gesehen steckt in jedem Auto ein Stückchen Mercedes.
Maybach …
… ist die Krönung unseres Marken-Portfolios und die Verpflichtung, dem Besten noch etwas Erhabenes mitzugeben.
Erbe …
… verpflichtet und spornt unheimlich an, etwas Bleibendes zu hinterlassen. Damit der Name Mercedes auch in 120 Jahren noch so schön klingt.
Frauen …
… und Männer mit der gleichen Begeisterung für unser Design anzustecken, ist mein Ziel.
Fotos: Daimler AG
Geschrieben von Maik Jürß
Erschienen am Samstag, den 25. April 2020 um 00:05 Uhr | 2.487 Besuche
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