2011
Im Jahr des 125. Geburtstags des Automobils ist jetzt eine wichtige Lücke in der Lebensgeschichte von Carl Benz und damit auch in der Unternehmensgeschichte der Daimler AG geschlossen worden: Nach neuesten historischen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass der Erfinder des Automobils in einem Gasthaus in der Rheinstraße 22 des Karlsruher Stadtteils Mühlburg geboren wurde. Seine Geburtsstätte war bisher nicht bekannt. Das Haus existiert allerdings nicht mehr – es wurde in den 1950er-Jahren zugunsten einer Verbreiterung der Rheinstraße abgerissen. Heute steht an der Stelle ein Warenhaus mit zugehörigem Parkplatz. Geplant ist, in unmittelbarer Nähe eine kleine Gedenkstätte einzurichten, die an den Erfinder erinnert.
Carl Benz wurde am 25. November 1844 geboren. Im Kirchenbuch ist er mit dem eingedeutschten Nachnamen seiner Mutter Josephine Vaillant verzeichnet: Carl Friedrich Michael Wailand. Diese heiratet erst ein Jahr später, am 16. November 1845, in der katholischen Stadtkirche St. Stephan den vermutlichen Vater Johann Georg Benz. Sie arbeitete von 1833 bis zwei Monate vor der Geburt ihres Sohnes als Dienstmagd in Karlsruhe.
Die jetzige Faktenlage ergibt sich aus einer gründlichen neuen Recherche der Stadt Karlsruhe. Der Historiker Dr. Peter Pretsch, Leiter des dortigen Stadtmuseums in der Abteilung Stadtarchiv und Historische Museen, untersuchte dazu die damaligen Kirchenbücher. Stück für Stück ergab sich über die Namen der Taufzeugen eine Hinweiskette: Der Schumachermeister Karl Axtmann und der „Bürger, Gastwirth und Bierbrauer“ Michael Kramer sind dort eingetragen. Axtmann war ein Verwandter, denn die Urgroßmutter von Carl Benz väterlicherseits war eine geborene Axtmann. Man geht davon aus, dass Axtmann der hochschwangeren Josephine Vaillant das Quartier im Michael Kramer gehörenden Gasthaus mit der Adresse Rheinstraße 22 verschaffte. Da damals Hausgeburten üblich waren, liegt der Schluss nahe, dass Carl Benz dort geboren wurde. Das Kramersche Wirtshaus erhielt später den Namen „Stadt Karlsruhe“.
Josephine und Johann Georg Benz zogen nach der Hochzeit mit ihrem Kind nach Karlsruhe in die Erbprinzenstraße 13 – auch das gehört zu den neuen Erkenntnissen, in diesem Fall mithilfe des Adressbuches von 1846. Benz arbeitete als Lokomotivführer bei der badischen Eisenbahn. Auf dem offenen Führerstand der damaligen Dampfloks zog er sich eine Lungenentzündung zu, an der er im Sommer 1846 verstarb – knapp zwei Jahre nach der Geburt seines Sohnes. Seine verwitwete Ehefrau vergab dann in Karlsruhe Kost und Logis an Studenten des Polytechnikums, um das Studium ihres Sohnes zu finanzieren.
Carl Benz besuchte zunächst das naturwissenschaftlich orientierte Lyzeum in Karlsruhe. Die Aufnahmeprüfung am Polytechnikum bestand er im Alter von 15 Jahren am 30. September 1860. Vier Jahre später beendete er am 9. Juli 1864 mit Erfolg die Ausbildung. Anschließend war er als Mechaniker tätig. Nach Mannheim zog er aus beruflichen Gründen um. Am 20. Juli 1872 heiratete er Bertha Ringer. Sein erstes Benzinauto, ein dreirädriges Fahrzeug, baute er im Jahr 1885. Es wurde am 29. Januar 1886 zum Patent angemeldet (DRP Nr. 37.435); die Patentschrift gilt als Geburtsurkunde des Automobils. Carl Benz starb am 4. April 1929 in Ladenburg. Somit hat er den Siegeszug seiner Erfindung noch miterlebt – im Unterschied zu Gottlieb Daimler, der bereits im Jahr 1900 starb.
(Abbildungen: Daimler AG)
Geschrieben von Oliver Hartwich
Erschienen am Dienstag, den 14. Juni 2011 um 10:29 Uhr | 8.988 Besuche
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