2020
Der 180 PS starke Mercedes-Benz MB-trac 1800 Intercooler wird auf der Fachmesse Nordagrar präsentiert, die vom 13. bis 17. Juni 1990 in Hannover stattfindet. Dieses neue Spitzenmodell schließt vor 30 Jahren die Entwicklung des legendären Systemschleppers der Stuttgarter Marke ab. Der MB-trac 1800 Intercooler basiert auf dem seit 1987 gebauten MB-trac 1600 turbo mit einer Leistung von 156 PS. Insbesondere die Ausstattung des 6-Liter-Sechszylindermotors OM 366 LA mit Ladeluftkühler sorgt für das Leistungsplus, das den 1800 Intercooler zu einem Giganten unter den Ackerschleppern seiner Zeit macht.
Zehn Jahre vor der Premiere des 1800 Intercooler hat Mercedes-Benz den MB-trac 1500 als damaliges Topmodell der Traktoren mit dem Stern vorgestellt. Er debütiert vor 40 Jahren auf der DLG-Ausstellung in Hannover vom 12. bis 18. September 1980. Sein Sechszylindermotor OM 352 H leistet 150 PS. Damals heißt es in der Mercedes-Benz Pressemitteilung: „Der Schlepper zieht auch bei steigender Anforderung kraftvoll durch, so wenn beim Pflügen stellenweise schwere oder nasse Böden auftreten oder bei Arbeiten am Hang. Zugkraftunterbrechungen durch Schaltvorgänge werden weitgehend vermieden. Das eng abgestufte Getriebe mit zwölf Vorwärts- und zwölf Rückwärtsgängen erlaubt die genaue Anpassung der Geschwindigkeiten an den Arbeitsvorgang.“
Die MB-trac 1500 und 1800 Intercooler gehören zur 1976 eingeführten schweren Klasse (Baureihen 442 und 443) der Mercedes-Benz Systemtraktoren. Außerdem gibt es Typen der leichten (seit 1972, Baureihe 440) und mittleren Klasse (seit 1982, Baureihe 441). So umfasst das komplett überarbeitete Programm des MB-trac im Jahr 1987 acht Typen vom MB-trac 700 (68 PS) bis zum 1600 turbo (156 PS), die einen sehr großen Bereich der Anwendungen in Landwirtschaft und Kommunaldienst abdecken, aber auch im Forst und auf dem Bau erfolgreich sind. Durch dieses Einsatzprogramm ergänzt der MB-trac die erfolgreichen Unimog-Modelle, mit denen er technisch auch eng verwandt ist. Während der Unimog die Landwirte mit extremer Geländegängigkeit und hohen Transportgeschwindigkeiten auf der Straße überzeugt, bietet der Traktor größere Leistungen als Geräteträger und Zugfahrzeug auf dem Acker.
Viele Landwirte kennen und schätzen den Unimog seit 1949 als vielseitigen Helfer. Die Stärken des Universal-Motor-Geräts überträgt der MB-trac 1972 in den Bereich der dezidierten Ackerschlepper. Im Gegensatz zu konventionellen Traktoren seiner Zeit bietet er serienmäßigen Allradantrieb, vier gleich große Räder, mittige Fahrerkabine, leistungsfähige Regelhydraulik hinten und vorn sowie drei Anbauräume (Front, Aufbau und Heck) für Geräte aller Art. Statt der üblichen Blockbauweise hat der MB-trac einen robusten Leiterrahmen. Die gefederte Vorderachse und die gefederte, umfassend ausgestattete Kabine sorgen für hohen Komfort. Die hintere Starrachse bietet Stabilität auch bei schweren Arbeiten auf dem Feld.
MB-trac und Unimog sind nicht nur durch die Verwendung zahlreicher gleicher Komponenten verwandt und werden im damaligen Werk Gaggenau auf demselben Band montiert. Sie lassen sich auch in vielen Betrieben vom großen Bauernhof oder Lohnbetrieb bis zum Bauunternehmen sinnvoll gemeinsam einsetzen. Das hat Vorteile beispielsweise beim Service, wie eine Mercedes-Benz Pressemitteilung über „Wirtschaftliche Arbeitsmaschinen für den Bau“ aus dem Jahr 1980 betont. Dort heißt es: „Eine weitgehende Einheitlichkeit der Aggregate von Unimog und MB-trac ergibt optimale Service- und Reparaturmöglichkeiten im Rahmen eines engmaschigen Kundendienst- und Servicenetzes.“
Die Geschichte des innovativen Traktors beginnt 1967. Unter der Leitung von Gustav Krettenauer wird der technisch mit dem Unimog verwandte MB-trac im Daimler-Benz Werk Gaggenau entwickelt. 1972 hat auf der DLG-Ausstellung in Hannover der Prototyp des MB-trac 65/70 als erstes Modell Premiere. Mit seinem Konzept als besonders vielseitige Arbeitsmaschine auch für große Betriebe und hohem Komfort begeistert der Traktor die Kunden. Noch auf der Messe werden rund 350 Bestellungen aufgegeben.
Mercedes-Benz entwickelt den MB-trac in der knapp 20 Jahre dauernden Produktionszeit kontinuierlich weiter. Dazu erfolgen 1979 auch Dauererprobungen im realen Einsatz in Kooperation mit Landwirten aus dem Raum Boxberg (Baden). Der Traktor bleibt aber wichtigen Grundprinzipien über alle Baureihen, Leistungsbereiche und Entwicklungsstufen hinweg treu: Das Eigengewicht des MB-trac wird beispielsweise zu rund 60 Prozent von der Vorderachse und rund 40 Prozent von der Hinterachse getragen. Mit schweren Anbaugeräten im Heck oder beim Pflügen sorgt das für eine nahezu perfekte Balance mit je rund 50 Prozent Belastung beider Achsen.
Diesen Vorteil kann der Traktor überzeugend ausspielen. Denn Sitz, Lenkrad, Armaturen und Pedale lassen sich im Fahrerhaus um mehr als 180 Grad drehen. So ist der MB-trac auch in umgekehrter Fahrtrichtung mit der starren Hinterachse voraus voll einsatzfähig. Die 1987 von der damaligen Daimler-Benz AG gemeinsam mit Klöckner-Humboldt-Deutz gegründete Trac-Technic-Vertriebsgesellschaft stellt diese Vorzüge 1990 in einem Werbefilm am Beispiel des MB-trac 1800 Intercooler vor. Dort heißt es: „In Verbindung mit dem vollsynchronisierten Wendegetriebe und der unübertroffenen Drehsitzeinrichtung wird der MB-trac damit zur wirtschaftlichen Selbstfahreralternative.“
Der letzte von 190 gebauten MB-trac 1800 Intercooler in der Ausführung „Black Edition“ mit Sonderlackierung Schwarzmetallic gehört zur Dauerausstellung des Unimog-Museums in Gaggenau. Die Leihgabe der Daimler AG ist seit der Eröffnung des Museums im Jahr 2006 zusammen mit einem frühen MB-trac zu sehen. Das Unimog-Museum zeigt derzeit die Sonderausstellung „Der Unimog im Gebirge“.
Insgesamt entstehen lediglich 190 Exemplare des Superschleppers seiner Epoche bis zum Ende der MB-trac-Produktion im Dezember 1991. Das macht den 1800 Intercooler heute zum besonders gesuchten Klassiker in der starken Szene der Traktor-Sammler. Wer keinen hat, kann im Kleinen im Unimog-Museum fündig werden. Denn den MB-trac 1800 Intercooler können die Besucher in Gaggenau nicht nur in der Ausstellung erleben, sondern auch kaufen – als Modell im Maßstab 1:32.
Fotos: Daimler AG
Geschrieben von Maik Jürß
Erschienen am Donnerstag, den 11. Juni 2020 um 00:05 Uhr | 3.419 Besuche
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