2019
Daimler Trucks treibt die Digitalisierung seiner Lkw konsequent voran. Damit sollen zum einen die Fahrer in ihrem Berufsalltag entlastet und zum anderen Arbeitsabläufe effizienter und sicherer gemacht werden. Ein Entwicklungsfeld hierbei ist die Befähigung von Lkw, selbständig mit anderen Maschinen zu kommunizieren und dabei rechtsverbindlich Transaktionen wie Bezahlvorgänge durchzuführen. Mit der neu entwickelten digitalen Truck-ID und der dazugehörigen Truck Wallet haben Experten von Daimler Trucks im Rahmen eines Pilotprojekts nun die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen. Gemeinsam mit Partnern haben die Entwickler in einem ersten Anwendungsfall einen automatischen Bezahlvorgang an einer Elektro-Ladesäule erfolgreich durchgeführt.
Lkw können sich mit der Truck-ID wie mit einem eingebauten Personalausweis gegenüber anderen Maschinen ausweisen und Vorgänge eindeutig signieren. Die Truck Wallet fungiert dabei als Plattformtechnologie und zentrales Benutzerprogramm für alle Anwendungen, die auf die Truck-ID zugreifen und diese für unterschiedliche Einsatzzwecke nutzen. Truck-ID und Truck Wallet – beides derzeit noch Prototypen – sind als Software-Programme in einem kryptographischen Prozessor verschlüsselt hinterlegt. Der Prozessor ist Teil des Truck Data Center, dem zentralen Telematik-Steuergerät des neuen Mercedes-Benz Actros.
Dr. Helge Königs, Projektleiter Truck Wallet bei Daimler Trucks: „Mit Truck-ID und Truck Wallet haben wir die Grundlage für selbständige Interaktionen zwischen Lkw und anderen Maschinen geschaffen – ein technologischer Meilenstein. Unser Ziel ist, Lkw zukünftig in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen zu eigenständigen Akteuren zu machen. Fahrer können sich dadurch stärker auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren und Transportunternehmen profitieren von einer deutlichen Reduktion des Administrationsaufwands und sichereren Prozessen. So ist beispielsweise der gängige Tankkartenbetrug durch Kriminelle, der bislang durch das Kopieren von Tankkarten und das Ausspähen von PIN-Nummern erfolgt, in dieser Form praktisch nicht mehr möglich. Auch im Hinblick auf hochautomatisiert fahrende Lkw zeigen unsere Prototypen, in welche Richtung die weitere Entwicklung gehen kann.“
Wie eine echte Geldbörse kann die Truck Wallet zum einen Geld für Bezahlvorgänge beinhalten sowie zusätzlich auch verschiedene Karten wie Tank- oder Kundenkarten – jedoch ausschließlich digital. Die elektronischen Informationen, dazu zählt auch das darin abgelegte Geld, werden direkt in der Truck Wallet gespeichert und von dieser auf eine andere Maschine per W-LAN übertragen. Dieser Vorgang wird durch eine Überprüfung über ein Online-System abgesichert. Die Funktechnologie ist Bestandteil des Truck Data Center.
Abgesehen von der Automatisierung von Prozessen liegt der größte Vorteil der Transaktionen per Truck Wallet in der Kombination mit der Truck-ID. Diese signiert alle Vorgänge der Truck Wallet und belegt damit, dass die Transaktionen tatsächlich mit dem entsprechenden Lkw durchgeführt wurden. Auf diese Weise werden die Transaktionen legitimiert. In Verbindung mit bestimmten Telematikdaten, wie dem aktuellen Standort der Lkw, die dabei zusätzlich hinterlegt werden, bietet dieses System für Spediteure und deren Geschäftspartner ein hohes Maß an Sicherheit vor Betrug. Bei der Generierung der individuellen Truck-ID kommt ein bewährtes sogenanntes asymmetrisches kryptographisches Verfahren zum Einsatz. Der geheime Bestandteil der Truck-ID ist damit weder Daimler Trucks noch den Zulieferern von Prozessor und Truck Data Center oder den Speditionen selbst bekannt.
Gemeinsam mit der Commerzbank und ihrer Forschungs- und Entwicklungseinheit main incubator als Kooperationspartner hat Daimler Trucks einen vollautomatisierten Bezahlvorgang mit einem Lkw-System durchgeführt. Ein komplett aufgebauter Lkw war hierfür nicht nötig; für den Pilotversuch waren die relevanten Lkw-Komponenten rund um das Truck Data Center samt Truck-ID und Truck Wallet ausreichend. Die Commerzbank ist bislang die einzige Bank in Deutschland, die eine hierfür einsetzbare E-Geld-Bezahlmethode entwickelt hat. Sie basiert auf Corda, einer etablierten Blockchain-Plattformtechnologie für Transaktionen. Beim Bezahlvorgang wird reales Geld in digitaler, verschlüsselter Form als E-Euros in der Truck Wallet des Lkw-Systems hinterlegt. Nach getätigter Zahlung durch die Truck Wallet geht das Geld eindeutig gekennzeichnet durch die Truck-ID an den Zahlungsempfänger über. Der Empfänger kann dieses E-Geld dann wieder bei der Commerzbank als Überweisung auf sein Konto einfordern. Die Transaktion wird per Corda über das Internet validiert und gespeichert. Auf diese Weise kann der Lkw-Besitzer nachvollziehen, wenn eines seiner Fahrzeuge bezahlt hat. Dieser Vorgang ist schon heute rechtlich möglich, da das System alle nötigen Anforderungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfüllt. So ist das elektronische Geld per Verrechnungskonto bei der Commerzbank gedeckt und auffällige Transaktionen können erkannt und im Zweifelsfall der BaFin gemeldet werden.
Daimler Trucks treibt die Entwicklung von Truck-ID und Truck Wallet gemeinsam mit Kooperationspartnern weiter voran und plant bereits die weitere Pilotierung und Erprobung der Technologie.
Fotos: Daimler AG
Geschrieben von Maik Jürß
Erschienen am Samstag, den 24. August 2019 um 00:05 Uhr | 1.480 Besuche
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