2010
Die Anfänge bis zum zweiten Weltkrieg
1896 wurde der erste Daimler Lastwagen fertig gestellt. Der Erstling war ausgerüstet mit einem Viergang-Riemengetriebe und einem Zweizylinder- Phoenix-Motor, der damals noch die Glührohrzündung, aber bereits den Spritzvergaser besaß. Der Motor leistete stolze 4 PS. Der Daimler Lastwagen verfügte über eine Nutzlast von 1.500 kg und war damit aus heutiger Sicht eigentlich ein Transporter. Das erste Exemplar wurde nach England geliefert.
Als Gottlieb Daimler im Jahr 1896 seinen ersten Lkw vorstellt, nähert sich Carl Benz in Mannheim zeitgleich, aber auf ganz anderen Wegen den Nutzfahrzeugen. Sein Augenmerk gilt neben den Omnibussen dem, was heute als „Transporter“ tagtäglich auf unseren Straßen verkehrt. Im zeitgenössischen Jargon von 1896 hießen diese Benz’schen „Sprinter“ noch „Combinations-Lieferungs-Wagen“. Als „kleiner Kutschierwagen mit abnehmbarem Kastenaufbau“ verfügt das Gefährt über Kettenantrieb sowie Dreiganggetriebe und rollt auf schmalen Vollgummireifen. Der Viertakt-Einzylinder-Motor mit einem Hubraum von 1.045 ccm war hinten liegend angeordnet und leistete 1,8 kW bei 600/min. Später folgen Motorvarianten mit 2,6 und schließlich 3,3 kW.
Das erste gebaute Fahrzeug verkauft Benz nach Frankreich. Ein Pariser Kaufhaus ersteht den kleinen, vom Pkw namens „Vélo“ abgeleiteten Kastenwagen mit heckseitig angeordnetem 1,8-kW-Motor, der inklusive Fahrer 300 Kilogramm Nutzlast bietet und es auf eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 30 km/h bringt. Doch Ende 1896 fasst Benz’ französischer Generalvertreter Emile Roger zusammen mit dem Birminghamer Geschäftsmann Léon L’Hollier den Plan, als Gegenstück zur in Coventry ansässigen Daimler Motor Syndicate Ltd. im Birminghamer Stadtteil Digbeth ausgedehnte Werkstätten zu errichten und dort auch Last- und Lieferwagen zu fertigen. Als Emile Roger 1897 stirbt, zerfällt dieses Unternehmen jedoch.
Als „Lieferungswagen“ bietet Benz ebenfalls ab 1896 eine etwas größere Variante an, den „Kutschwagen mit geschlossenem Wagenkasten“. Dieser wird erst mit Zweistufen-Riemengetriebe, ab 1898 dann mit Dreiganggetriebe geliefert. Auch dieser Wagen rollt auf hochbeinigen Vollgummirädern. Er kann mit anfangs 300, ab 1898 dann mit 400 Kilogramm Nutzlast (jeweils exklusive zwei Fahrern) dienen und verfügt im Vergleich zum Combinations-Lieferungswagen über einen wesentlich größeren Laderaum. Der Antrieb erfolgt per Kette, die treibende Kraft liefert ein Viertakt-Einzylinder mit anfangs 2,7 kW, ab 1898 mit 4,4 kW. Gebaut werden diese ersten Benz-Transporter von 1896 bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Dann aber versiegt der Bau von Transportern im Hause Benz, das mit der inzwischen gestiegenden Nachfragen nach Pkw komplett ausgelastet hat.
Was bei Benz „Lieferungs-Wagen“ heißt, nennt Daimler „Geschäftswagen“. Als leichtere Kaliber gibt es bei der DMG diese Kastenwagen ab 1897. Grundlegender Unterschied zu den gestandenen Lkw für höhere Tonnagen: Bei ihnen verwendet Daimler (wie Benz grundsätzlich) einen Kettenantrieb, während das typische Kennzeichen schwerer Daimler-Lkw noch für viele Jahre der Ritzelantrieb bleiben wird, mit dem 1896 schon der erste Lkw ausgerüstet war.
Kennzeichen dieser ersten Daimler-Transporter, die es in fünf Nutzlastvarianten von 800 bis 2500 Kilogramm gibt, sind ein über der Vorderachse platzierter Motor, hohe Motorhaube sowie ein Viergang-Zahnradgetriebe. Als Motor verwendet Daimler anfangs sowohl einen Zweizylinder mit 1,47 bis 5,9 kW als auch einen Vierzylinder mit 4,4 bis 8,8 kW. Als „Daimler-Geschäftswagen“ produziert Untertürkheim diese Fahrzeuge von 1897 bis 1903.
Am 26. September 1902 wurde das von der DMG (Daimler-Motoren-Gesellschaft) angemeldete Warenzeichen [intlink id=“1666″ type=“post“]Mercédès [/intlink] gesetzlich geschützt.
Ab 1904 konzentrieren sich die frühen Daimler-Transporter dann auf das Nutzlastsegment von 750 bis 1000 Kilogramm und verfügen nur noch über Zweizylindermotoren mit 9 PS. Der Antrieb erfolgte über eine Kette auf die Hinterräder. Auf ebenen Straßen wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 16-18 km/h erreicht. Die Produktion zieht schließlich nach Berlin-Marienfelde um, wo das Transporterkonzept aber nur bis 1905 verfolgt wird. Marienfelde widmet sich nun ganz den Lkw und Bussen. Die Entwicklung und Produktion der Lieferwagen nimmt nur wenig später die SAG in Gaggenau wieder auf, die schon 1907 einen Interessenvertrag mit Benz in Mannheim schließt und ab Dezember 1910 als Benz-Werke Gaggenau firmiert. Dort entstehen von 1908 bis 1910 insgesamt zehn verschiedene Varianten an Lieferungswagen für 300 bis 1500 Kilogramm Nutzlast, die schließlich von 1911 an durch die Benz-Lieferungswagen D 11 und KL 11 abgelöst werden (500 bis 1500 Kilogramm Nutzlast). Von 1913 bis 1916 wurde der Benz-Gaggenau Kasten-Lieferwagen mit einer Nutzlast von 750 kg in drei verschiedenen Leistungsvarianten mit 20 PS, 25 PS und 28 PS produziert. Der Vierzylinder-Motor brachte mittels einer Kardanwelle den 1.500 kg schweren Wagen auf eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 40-45 km/h.
Die ab dem Jahre 1908 verkauften benzinelektrischen Fahrzeuge mit Radnabenmotoren fanden vor allem in den Städten dankbare Abnehmer. Das Marienfelder Werk der DMG (Daimler-Motoren-Gesellschaft) produzierte Last- und Biertransportwagen, Müllabfuhr- und andere Kommunalfahrzeuge, Omnibusse für Stadtrundfahrten und vor allem Feuerwehrfahrzeuge.
Entwickelt wurde das System des batterie- und dann des benzinelektrischen Antriebes von Ferdinand Porsche für die Firma Lohner in Wien. Lohner wiederum verkaufte das Patent an die österreichische DMG und von dort gelangte es nach Marienfelde.
Bei Daimler folgen erst 1912 neue Lieferungswagen, deren Produktionsstätte dann wieder Untertürkheim ist, wofür das „U“ im Kürzel steht. Die leichte Variante – U ½ T genannt – ist für 500 bis 750 Kilogramm Nutzlast konzipiert, rollt auf Luftreifen an allen beiden Achsen, greift auf einen 16 kW starken Vierzylinder (Daimler 8) zurück und verfügt über Kardanantrieb. Die schwerere Ausführung heißt U 1 T, bewegt 1250 bis 1500 Kilogramm Nutzlast erst mit 18 und später mit 23,5 kW (Daimler 10 und 12) und erhält ebenfalls einen Kardanantrieb. An der Vorderachse sind diese Transporter luftbereift, hinten rollen sie auf traditioneller Vollgummibereifung. Das zulässige Gesamtgewicht betrug 3.000 kg, wobei 1.250 bis 1.500 kg auf die Nutzlast entfielen. Der Motor beschleunigte den U 1 T über eine Kardanwelle auf 35 km/h. Gebaut werden diese beiden Transporter von 1912 bis 1919.
Im Jahr 1920 entfallen die leichten Varianten. An ihre Stelle treten ein U 1 mit 18 kW für 1150 bis 1250 Kilogramm Nutzlast sowie ein besonders schwerer U 2 T für 2500 Kilogramm Nutzlast, der von dem Daimler 22 mit beachtlichen 37 kW angetrieben wird. Im Gegensatz zu den leichteren Transportern ist der U 2 T rundum mit Vollgummireifen bestückt. Mit Ausnahme des U 2 T, der noch bis 1921 produziert wird, läuft die Produktion der übrigen Transporter 1919/1920 aus. An Stelle der Lieferwagen werden für einige Zeit leichte Lkw wie der DC 1a aus Berlin-Marienfelde oder der in Gaggenau produzierten Benz-Lkw CN 1 treten (jeweils etwa eine Tonne Nutzlast).
Nach der Fusion von Daimler und Benz am 28./29. Juni 1926 wird der Transporter dann hauptsächlich als Lkw-Derivat definiert. Im Mai 1927 präsentiert Daimler-Benz in Köln sein neues Nutzfahrzeugprogramm, das die Typen L 1, L 2, L 5 sowie N 1 und N 2 umfasste.
Großes Aufsehen erregte ein 5-t-Lastwagen des Typs L 5, der mit dem weltweit ersten Sechszylinder-Fahrzeugdieselmotor ausgerüstet war. Er wurde zum ersten in Großserie produzierten Diesel-Lkw der Welt. Im Grunde waren die neuen Baureihen von den früheren Nutzfahrzeugen der Benz-Werke abgeleitet, während von der konstruktiven Substanz der alten Daimler-Lastwagen nichts übernommen wurde. Alle Nutzfahrzeuge wurden seit der Fusion in Gaggenau hergestellt.
Sowohl der L 1 von als auch der L 45 von 1928 sind in einer speziellen Kastenwagen-Variante lieferbar, in der die Transporter-Tradition dann bis hin zum L 1100/L 1500 (bis 1941) weiterlebt. Bis zu neuen eigenständigen Transportern tritt nun aber eine lange Pause ein, die fast drei Jahrzehnte dauern soll.
Neben den Transporten und Lieferwagen gibt es in dieser Zeit auch schon vom Pkw abgeleitete Transporter. So bietet Mercedes-Benz ab 1927 unter der Bezeichnung L ¾ ein Fahrzeug an, das auf dem 8/38-35 PS (1926–1928) basiert, über den besonders langen Radstand von 3250 Millimetern verfügt und somit zumeist als Lieferwagen, Krankenwagen sowie Pritschenwagen oder Kleinbus Verwendung findet. Technisch unterscheidet sich der L ¾ nur in wenigen Details vom Pkw: Kardanwelle statt Schubrohr sowie heckseitig horizontale statt nach unten auslaufende Rahmenlängsträger sind die nennenswerten Unterschiede. Bei einem Wagengewicht von 1.430 kg für den Kastenwagen plus einer zusätzlichen Nutzlast von 770 kg und damit einem Gesamtgewicht von 2.200 kg erwies sich die Motorleistung als etwas zu schwach. Deswegen wurde der L 3/4 vom Herbst 1928 an mit einer 2,6 Liter-Maschine geliefert.
Ab Juli 1929 lastet Mercedes-Benz den L ¾ für eine Nutzlast von 1000 Kilogramm auf und benennt das Fahrzeug dann auf L 1000 um. Dieser erreicht bis 1936 eine Gesamtstückzahl von 2376 Einheiten. Als Transporter-Benjamin wird von 1932 bis 1935 ein als Kastenwagen modifizierter Typ 170, der entsprechend seiner Nutzlast von 300 Kilogramm dann als L 300 angeboten wird.
Beim L 300 kam ein Sechszylinder-Reihenmotor zum Einsatz, welcher 32 PS bei 3.200/min leistete. Die Kraftübertragung erfolgte auf die Hinterräder. Das 3-Gang-Getriebe verfügte zusätzlich über einen Schnellgang. Der L 300 bot bei einer Gesamtlänge von 3.700 mm einen Laderaum von 1.260 x1.260 x 980 mm.
Der letzte Transporter vor dem Zusammenbruch der Fahrzeugproduktion Ende des zweiten Weltkriegs ist der L 1100, der bis 1941 gebaut wird. Erst 15 Jahre später soll es wieder einen Transporter aus dem Hause Mercedes-Benz geben.
[intlink id=“1855″ type=“post“]-> Teil 2: Die Nachkriegsepoche von 1945 bis 1967[/intlink]
(Fotos: Daimler AG)
Geschrieben von Oliver Hartwich
Erschienen am Donnerstag, den 15. April 2010 um 23:36 Uhr | 18.107 Besuche
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